Zukünftige Entwicklungen in Bayern

Das Angebot an und die Nachfrage nach Arbeitskräften sind bis 2035 rückläufig. In den meisten Berufen entstehen Arbeitskräfteengpässe.

Resultierende Ungleichgewichte 

Werden das Angebot und die Nachfrage für jeden Beruf saldiert und das Ergebnis in Relation zur Arbeitskräftenachfrage dieses Berufs gesetzt, ergibt sich der Arbeitskräftesaldo in Prozent der Nachfrage. Ist der Saldo negativ, so ist das Angebot geringer als die Nachfrage. Ein relativer Arbeitskräftesaldo von beispielsweise minus 10 Prozent bedeutet, dass sich 10 Prozent der Arbeitskräftenachfrage in diesem Beruf nicht vom zur Verfügung stehenden Angebot decken lassen. Ein positiver Saldo bedeutet, dass Angebotsüberschüsse bestehen.

Zur Einordnung der Ergebnisse müssen neben dem relativen Arbeitskräftesaldo stets auch die absoluten Zahlen betrachtet werden: So klingt ein negativer Saldo etwa von minus 20 Prozent der Nachfrage zunächst besonders problematisch. Sind aufgrund einer insgesamt geringen Nachfrage damit aber auch nur wenige Arbeitskräfte verbunden, ist das für einzelne Unternehmen möglicherweise schon, für die bayerische Wirtschaft insgesamt aber nicht zwingend ein Problem.

Die Ergebnisse zeigen, dass in der Mehrheit der Berufshauptgruppen im Jahr 2035 mit teilweise deutlichen Engpässen gerechnet werden muss (Abbildung 4). Lediglich in 10 Berufshauptgruppen ergibt sich für das Jahr 2035 ein rechnerisches Überangebot an Arbeitskräften. Dabei sind die absoluten Fallzahlen für fast jede dieser Berufshauptgruppen verschwindend gering. Besonders groß sind die Engpässe in den Berufshauptgruppen, in denen ein hoher Anteil an Beschäftigten als Fachkraft mit absolvierter beruflicher Ausbildung beschäftigt ist.

Auf den ersten Blick entsprechen die Entwicklungen in einigen der Berufshauptgruppen nicht dem Ergebnis, das man aufgrund der zukünftigen Bedarfsentwicklung erwarten würde. Dies gilt beispielsweise für den sehr hohen negativen Arbeitskräftesaldo in den Reinigungsberufen. Der entscheidende Treiber ist in diesem Fall nicht etwa ein steigender Bedarf. Dieser wird den Berechnungen zufolge bis zum Jahr 2035 deutlich sinken (vgl. Abbildung 3). Grund ist stattdessen das weit überdurchschnittliche Alter der im Jahr 2022 Beschäftigten. Bis zum Jahr 2035 erreichen entsprechend viele der aktuell Beschäftigten das Renteneintrittsalter. Gleichwohl sieht die Entwicklung deutlich dramatischer aus, als sie tatsächlich ist. Der Grund hierfür ist, dass es sich bei den Beschäftigten dieser Berufshauptgruppe im Jahr 2022 in Bayern zu 87 Prozent um ungelernte Beschäftigte mit dem Anforderungsprofil Helfer handelt. Ein Teil der rechnerisch entstehenden Engpässe kann daher auch mit einem geringen Einarbeitungsaufwand durch Quereinstiege abgemildert werden. Auch mit Blick auf zusätzliche Handlungsmaßnahmen, die auf die Ausweitung des bestehenden Arbeitskräfteangebots abzielen (beispielsweise die Erhöhung von Erwerbsquoten), sind die Hürden in dieser Berufshauptgruppe aufgrund des geringen Qualifizierungsaufwandes geringer als in anderen Berufshauptgruppen.

Abbildung 4
Arbeitskräftesaldo* als Differenz von Angebot und Nachfrage, in Prozent der Nachfrage und absolut in Tsd., nach Berufshauptgruppen, 2025/2030/2035

23 degrees

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* Der Arbeitskräftesaldo ergibt sich aus der Differenz zwischen Arbeitskräfteangebot und -nachfrage. Der Arbeitskräftesaldo wird in Prozent der Arbeitskräftenachfrage dargestellt, um relative Engpässe und Überschüsse sichtbar zu machen. Ein positiver Saldo bedeutet, dass das Arbeitskräfteangebot die Arbeitskräftenachfrage übersteigt und damit ein Angebotsüberschuss vorliegt. Umgekehrt bedeutet ein negativer Saldo, dass ein Arbeitskräftemangel vorliegt. Die absoluten Werte in Tsd. werden durch einen Klick auf die Balken angezeigt.

In den bereits genannten und vor dem Hintergrund einer alternden Bevölkerung oft im Fokus stehenden medizinischen Gesundheitsberufen und nichtmedizinischen Gesundheitsberufen rechnen wir im Zusammenspiel der Entwicklung von Angebot und Nachfrage bis zum Jahr 2035 mit deutlichen Arbeitskräfteengpässen. Gleiches gilt für die im Kontext der Kinderbetreuung relevante Berufshauptgruppe Erziehung, soziale und hauswirtschaftliche Berufe.

Bei den in dieser Studie ausgewiesenen Ergebnissen für die ebenfalls oft im Fokus stehenden Lehrenden und ausbildenden Berufen gilt es zu beachten, dass die zugrundeliegende Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit nicht die verbeamteten Lehrer erfasst. Entsprechend entfällt die Mehrheit der Beschäftigten neben den nicht verbeamteten Lehrkräften an allgemeinbildenden Schulen auf die Lehr- und Forschungstätigkeit an Hochschulen oder an anderen außerschulischen Bildungseinrichtungen sowie auf Fahrschullehrer sowie Sportlehrer an außerschulischen Bildungseinrichtungen. Die Ergebnisse der vorliegenden Szenariorechnung sind daher nicht zu vergleichen beispielsweise mit der Bayerischen Lehrerbedarfsprognose des Jahres 2022 [8].

[8] Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus 2022.

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