Resultierende Ungleichgewichte auf dem bayerischen Arbeitsmarkt

In den meisten Berufen entstehen Fachkräfteengpässe. Überschüsse an anderen Stellen führen zu potenziell höherer Mismatch-Arbeitslosigkeit.


Ausgewählte Engpassberufe im Detail

Im Folgenden werden beispielhaft für drei relevante Berufshauptgruppen mit Fachkräfteengpässen die darunter liegenden, wesentlichen Treiber und Entwicklungen dargestellt sowie die Konsequenzen für die von diesen Engpässen betroffenen Branchen. Dabei fokussieren wir folgende Berufshauptgruppen:

  • Maschinen- und Fahrzeugtechnikberufe als Beispiel für das verarbeitende Gewerbe und aufgrund der Bedeutung der bayerischen Industrie für den Wirtschaftsstandort.
  • Nichtmedizinische Gesundheitsberufe aus dem Bereich Gesundheit und Pflege, um den Herausforderungen des demografischen Wandels Rechnung zu tragen.
  • Gebäude- und versorgungstechnische Berufe mit engem Bezug zum Baugewerbe, um relevante Engpässe mit Blick auf die Energiewende zu beleuchten.

Maschinen- und Fahrzeugtechnikberufe

Im Jahr 2035 zeigt sich in den Maschinen- und Fahrzeugtechnikberufen ein Engpass von etwa 15.000 Erwerbstätigen. Dies entspricht etwa vier Prozent der Arbeitskräftenachfrage. Dabei ist der Großteil der Nachfrage sowie des Engpasses auf die Berufsgruppe Maschinenbau- und Betriebstechnik zurückzuführen (Tabelle 8). In der deutlich kleineren Berufsgruppe Fahrzeug-Luft-Raumfahrt-, Schiffbautechnik ist hingegen mit einem leichten Überangebot an Arbeitskräften zu rechnen.

Mit Blick auf die in dieser Berufshauptgruppe nachgefragten Anforderungsprofile dominiert die berufliche Ausbildung. So arbeiten in der Berufsgruppe Maschinenbau- und Betriebstechnik zu etwa 70 Prozent Fachkräfte. Ähnlich sieht es in der Berufsgruppe Fahrzeug-Luft-Raumfahrt-, Schiffbautechnik aus: Auch hier entfallen etwa 80 Prozent der Beschäftigten auf das Anforderungsprofil Fachkräfte. Eine Steigerung der Auszubildendenquote (16,1 Prozent im Jahr 2020) in der Berufsgruppe Maschinenbau- und Betriebstechnik könnte demnach dazu beitragen, den potenziellen Engpass abzufedern.

Tabelle 8

Nachfrage und Arbeitskräfteengpass bzw. -überschuss in Maschinen- und Fahrzeugtechnikberufen, 2035

zugehörige BerufsgruppenNachfrage im Jahr 2035 
(in Tsd.)
Engpass (-)/Überschuss (+) 
in % 2035
Maschinenbau- und Betriebstechnik
246
-7%
Fahrzeug-Luft-Raumfahrt-, Schiffbautechnik
105
+2%
Quelle: eigene Berechnungen

Damit stellt das Defizit in der Maschinenbau- und Betriebstechnik innerhalb der industriell geprägten Berufsgruppen den größten Fachkräfteengpass dar. Davon betroffen sind insbesondere der Maschinen- und der Fahrzeugbau. In diesen beiden Branchen arbeiten zusammen etwa 35 Prozent der Beschäftigten dieser damit für die bayerische Industrie essenziellen Berufsgruppe (Abbildung 12). Weitere Branchen, die miteinander in Konkurrenz um die knappen Erwerbstätigen stehen, sind die Metallerzeugung, elektrische Ausrüstung sowie das Baugewerbe. 46 Prozent arbeiten hingegen in übrigen Branchen.

Abbildung 12

Aufteilung der in der Berufsgruppe Maschinenbau- und Betriebstechnik Beschäftigten auf ausgewählte Branchen, in Prozent, 2035

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Nichtmedizinische Gesundheitsberufe

In den Nichtmedizinischen Gesundheitsberufen ist im Jahr 2035 mit einem Arbeitskräfteengpass von rund 15.000 Erwerbstätigen zu rechnen, was etwa zehn Prozent der Arbeitskräftenachfrage entspricht. Der Großteil der Nachfrage im Jahr 2035 ist dabei auf die Berufsgruppe Altenpflege zurückzuführen, welche mit einem Arbeitskräfteengpass von etwa 17 Prozent auch einen der höchsten Engpässe aufweist (Tabelle 9). Auch in den übrigen Berufsgruppen zeigen sich überwiegend Arbeitskräfteengpässe. Lediglich in der Berufsgruppe Körperpflege ist mit einem Arbeitskräfteüberschuss zu rechnen. 

Mit Blick auf die Anforderungsniveaus zeigt sich ein gemischtes Bild. Während in der Altenpflege nahezu ausschließlich Helfer und Fachkräfte arbeiten, dominieren im Beruf Ernährungs-, Gesundheitsberatung, Wellness die Qualifikationsniveaus Spezialist und Experte. In den übrigen Berufsgruppen arbeiten hingegen hauptsächlich Fachkräfte und Spezialisten, der Anteil von Helfern und Experten ist dort entsprechend gering.

Tabelle 9 

Nachfrage und Arbeitskräfteengpass bzw. -überschuss in Nichtmedizinischen Gesundheitsberufen, 2035

zugehörige Berufsgruppen

Nachfrage im Jahr 2035
 (in Tsd.)

Engpass (-)/
 Überschuss (+) in % 2035

Altenpflege

90

-17%

Ernährungs-, Gesundheitsberatung, Wellness

3

-9%

Körperpflege

34

+8%

Bestattungswesen

3

-18%

Medizin-, Orthopädie- und Rehatechnik

21

-6%

Quelle: eigene Berechnungen

Von den entstehenden Engpässen in der Altenpflege ist insbesondere die vor dem Hintergrund des demografischen Wandels immer wichtiger werdende Branche Heime und Sozialwesen betroffen. In dieser arbeiten insgesamt etwa 91 Prozent der Beschäftigten dieser Berufsgruppe (Abbildung 13). Weitere fünf Prozent der der Berufsgruppe Altenpflege zuzuordnenden Beschäftigten arbeiten im Gesundheitswesen, der Anteil an Beschäftigten in weiteren Branchen ist hingegen marginal. Gelingt es nicht, die potenziellen Engpässe in der Altenpflege abzufedern – beispielsweise durch eine Steigerung der Auszubildendenquote (derzeit 7,1 Prozent) – kann dies mit erheblichen gesellschaftlichen Folgen verbunden sein.

Abbildung 13

Aufteilung der in der Berufsgruppe Altenpflege Beschäftigten auf ausgewählte Branchen, in Prozent, 2035


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Gebäude- und versorgungstechnische Berufe

Auch in der Berufshauptgruppe Gebäude- und versorgungstechnische Berufe ist im Jahr 2035 mit Arbeitskräfteengpässen zu rechnen. Dabei fehlen im Jahr 2035 insgesamt etwa 36.000 Arbeitskräfte, was 24 Prozent der Arbeitskräftenachfrage entspricht. Engpässe sind in allen zugehörigen Berufsgruppen zu erkennen (Tabelle 10). Der Großteil der Nachfrage sowie des Engpasses im Jahr 2035 ist jedoch auf die Berufsgruppe Gebäudetechnik zurückzuführen. Für diese wird ein Arbeitskräfteengpass von etwa 38 Prozent erwartet. 

Mit Blick auf die Anforderungsprofile zeigt sich, dass es sich bei den zugehörigen Berufsgruppen überwiegend um Ausbildungsberufe handelt. So arbeiten in der Gebäudetechnik und in der Klempnerei, Sanitär, Heizung, Klimatechnik vorrangig Fachkräfte sowie teilweise Spezialisten, jedoch nahezu keine Experten und nur wenige Helfer. In der Berufsgruppe Ver- und Entsorgung sind die Qualifikationsniveaus hingegen etwas gleichmäßiger verteilt: die Hälfte der Arbeitskräfte sind Fachkräfte, knapp ein Drittel Helfer. Die restlichen Arbeitskräfte entfallen auf Spezialisten und Experten.

Tabelle 10 

Nachfrage und Arbeitskräfteengpass bzw. -überschuss in Gebäude- und versorgungstechnischen Berufen, 2035

zugehörige Berufsgruppen

Nachfrage im Jahr 2035
 (in Tsd.)

Engpass (-)/
 Überschuss (+) in % 2035

Gebäudetechnik

75

-38%

Klempnerei, Sanitär, Heizung, Klimatechnik

47

-8%

Ver- und Entsorgung

29

-13%

Quelle: eigene Berechnungen

Der Arbeitskräfteengpass in der Gebäudetechnik wird insbesondere die Branchen Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversicherung, Grundstücks- und Wohnungswesen und weiteren Unternehmensdienstleistern betreffen. In diesen Branchen arbeiten etwa 55 Prozent der Beschäftigten der Berufsgruppe Gebäudetechnik (Abbildung 14). Doch auch die Branchen Heime und Sozialwesen und das Gastgewerbe konkurrieren um die knappe Anzahl an Beschäftigten in der Gebäudetechnik. Über ein Drittel arbeitet in weiteren Branchen. Werden diese potenziellen Engpässe nicht aufgelöst, kann dies ebenfalls negative Auswirkungen mit Blick auf die geplanten Klimaschutzmaßnahmen im Sektor Gebäude zur Folge haben. Dies ist bspw. dann der Fall, wenn aufgrund von fehlenden Fachkräften die angestrebten Sanierungsraten nicht erreicht werden können.

Abbildung 14

Aufteilung der in der Berufsgruppe Gebäudetechnik Beschäftigten auf ausgewählte Branchen, in Prozent, 2035

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