Excutive Summary

Auf dem bayerischen Arbeitsmarkt entstehen zunehmend Ungleichgewichte. Eine höhere berufliche Flexibilität kann helfen, diese zu verringern.

Unterschiedliche Trends werden den Arbeitsmarkt in Bayern in den kommenden Jahren prägen. Kommt es dabei zu einer weiteren Verschärfung von gleichzeitigem Fachkräftemangel auf der einen Seite und Mismatch-Arbeitslosigkeit auf der anderen Seite (sogenanntes Fachkräfteparadox), kann dies die bayerische Wirtschaft in ihrer Entwicklung bremsen und erhebliche sozialpolitische Probleme verursachen. Vor diesem Hintergrund beantwortet die vorliegende Studie die folgenden Fragen:

  • Wie entwickeln sich die Nachfrage und das Angebot Angebot an Arbeitskräften in Bayern?
  • Welche Ungleichgewichte resultieren daraus, wo wird der Fachkräftemangel besonders ausgeprägt sein und in welchen Berufen kann potenzielle Mismatch-Arbeitslosigkeit entstehen?
  • Welche Rolle spielt die berufliche Flexibilität bei der Reduktion der Ungleichgewichte?

Die Szenariorechnungen zeigen langfristig einen simultanen Rückgang der Nachfrage und des Angebots an Arbeitskräften. Dabei sinkt das Angebot bis zum Jahr 2035 mit -0,6 Prozent p. a. deutlich schneller als die Nachfrage (-0,2 Prozent p. a.), sodass sich zunehmend Arbeitskräfteengpässe ergeben können. Auf Seiten des Arbeitskräfteangebots ist dies insbesondere auf den demografischen Wandel und dem damit verbundenen Rückgang des Arbeitskräftepotenzials zurückzuführen. Bei der Nachfrage kommt es darüber hinaus zu einer Veränderung der nachgefragten Qualifikationen von Fachkräften. Hier entfalten insbesondere die Trends der fortschreitenden Digitalisierung, der Klimapolitik und der Mobilitätswende ihre Wirkung.

Das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage führt im Zeitverlauf dazu, dass die Ungleichgewichte deutlich zunehmen. In etwa zwei Drittel der Berufshauptgruppen kommt es zu einer Verschärfung der Fachkräfteengpässe. Davon betroffen sind insbesondere Berufshauptgruppen mit einem Fokus auf der beruflichen Ausbildung, wie Maschinen- und Fahrzeugtechnikberufe oder Nichtmedizinische Gesundheitsberufe. Im übrigen Drittel ergibt sich hingegen ein Überangebot an Arbeitskräften. Dies betrifft eher akademisch geprägte Berufshauptgruppen wie Lehrende und ausbildende Berufe oder Informatik- und IKT-Berufe. In Summe wird die Nachfrage das Angebot an Arbeitskräften jedoch deutlich übersteigen. Die zukünftige Herausforderung auf dem Arbeitsmarkt liegt vor allem auf Maßnahmen zur Fachkräftesicherung, aber auch zur Vermeidung von Mismatch-Arbeitslosigkeit.

Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse kommt der beruflichen Flexibilität – verstanden als Möglichkeit eines Wechsels zwischen verschiedenen Berufen (Quereinstieg) - eine zunehmend bedeutende Rolle zu. Durch höhere Flexibilität kann ein Teil der Ungleichgewichte durch Quereinstiege von Überschuss- in Engpassberufe aufgelöst werden. Die Analysen legen nahe, dass ein beträchtlicher Anteil der rechnerischen Arbeitskräfteüberschüsse dadurch vermieden und Mismatch-Arbeitslosigkeit verringert werden kann. Fachkräfteengpässe werden gleichwohl in beträchtlichem Ausmaß verbleiben und bedürfen weiterer Lösungsansätze (vgl. vbw/Prognos 2019). Davon betroffen sind insbesondere Berufsgruppen mit einem Schwerpunkt auf der beruflichen Ausbildung, wie beispielsweise dem Baugewerbe, aber auch Medizinische und Nichtmedizinische Gesundheitsberufe. In diesen Bereichen ist ein Wechsel aus einem der Überschussberufe sehr unwahrscheinlich. Mit Blick auf die zukünftigen Herausforderungen hinsichtlich der Umsetzung klimapolitischer Infrastrukturmaßnahmen oder der absehbaren Zunahme an Pflegebedürftigen aufgrund des demografischen Wandels ist dies besonders problematisch.

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie machen deutlich, dass berufliche Flexibilität ein beträchtliches Potenzial zur Fachkräftesicherung aufweist. Dieses Potenzial zu heben, ist allerdings kein Selbstläufer. Maßnahmen zur Förderung von Quereinstiegen müssen bereits heute angegangen und bestehende Hemmnisse, die einem möglichen Berufswechsel – auch zwischen verschiedenen Qualifikationsstufen – im Wege stehen können, abgebaut werden.

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