Resultierende Ungleichgewichte auf dem bayerischen Arbeitsmarkt

In den meisten Berufen entstehen Fachkräfteengpässe. Überschüsse an anderen Stellen führen zu potenziell höherer Mismatch-Arbeitslosigkeit.


Ausgewählte Überschussberufe im Detail

Analog zum vorigen Abschnitt werden beispielhaft für relevante Berufshauptgruppen mit Fachkräfteüberschüssen die zugrundeliegenden wesentlichen Treiber und Entwicklungen dargestellt. Der Fokus liegt dabei abermals auf Bereichen mit relevanten Fallzahlen und entsprechender Bedeutung für die Wirtschaft und Gesellschaft in Bayern. Entsprechend bietet sich an, die Berufshauptgruppen Lehrende und ausbildende Berufe (Bildung), Informatik- und IKT-Berufe (Digitalisierung) sowie Technische Forschungs-, Entwicklungs-, Konstruktions- und Produktionssteuerungsberufe (Industrie) zu betrachten. Für jede dieser Berufshauptgruppen wird im Folgenden analysiert:

  • Welche Berufsgruppen dieser Berufshauptgruppe zugeordnet sind und ob in diesen mit Engpässen/Überschüssen gerechnet werden muss?
  • Welche Anforderungsniveaus (Helfer/Fachkraft/Spezialist/Experten) für die jeweiligen Berufsgruppen am bedeutendsten sind.

Technische Forschungs-, Entwicklungs-, Konstruktions- und Produktionssteuerungsberufe

In dieser Berufshauptgruppe zeigt sich im Jahr 2035 ein Überschuss von knapp 11.000 Personen. Das entspricht etwa vier Prozent der Nachfrage nach Beschäftigten in diesen Berufen. Der größte Anteil dieses Überschusses ist auf die Berufsgruppe Technische Forschung und Entwicklung zurückzuführen. Hier übersteigt das Arbeitskräfteangebot die Arbeitskräftenachfrage im Jahr 2035 um 21 Prozent. In der Berufsgruppe Technische Produktionsplanung, -steuerung wird im Jahr 2035 hingegen ein Fachkräfteengpass erwartet.

Tabelle 11 

Nachfrage und Arbeitskräfteengpass bzw. -überschuss in Technischen Forschungs-, Entwicklungs-, Konstruktions- und Produktionssteuerungsberufen, 2035

zugehörige Berufsgruppen

Nachfrage im Jahr 2035
 (in Tsd.)

Engpass (-)/
 Überschuss (+) in % 2035

Technische Forschung und Entwicklung

83

+21%

Techn. Zeichnen, Konstruktion, Modellbau

48

+2%

Technische Produktionsplanung,-steuerung

129

-6%

Quelle: eigene Berechnungen

Ein Blick auf die Anforderungsprofile zeigt, dass es sich dabei v. a. um Berufsgruppen mit einem akademischen Hintergrund handelt. So arbeiten In der Berufsgruppe Technische Forschung und Entwicklung vorrangig Experten. Spezialisten machen nur 13 Prozent der Arbeitskräfte aus, Fachkräfte sogar nur ein Prozent. Auch in der Berufsgruppe Technische Produktionsplanung und Steuerung stellen Experten die größte Gruppe, knapp die Hälfte der Beschäftigten sind jedoch Fachkräfte und Spezialisten. Ausnahme bildet die Berufsgruppe Technisches Zeichnen, Konstruktion, Modellbau. Hier arbeiten zu knapp zwei Dritteln Spezialisten und damit eher Personen mit einer beruflichen Ausbildung.

Lehrende und ausbildende Berufe

In den lehrenden und ausbildenden Berufen zeigt sich im Jahr 2035 ein Arbeitskräfteüberschuss von etwa 11.000 Personen. Das entspricht etwa neun Prozent der Nachfrage nach diesen Beschäftigten. Diese Entwicklung ist v. a. auf die Berufsgruppe Lehr- und Forschungstätigkeit an Hochschulen zurückzuführen. Hier liegt der rechnerische Überschuss im Jahr 2035 bei 48 Prozent der Nachfrage. Die anderen lehrenden und ausbildenden Berufeverzeichnen dagegen einen Fachkräfteengpass.

Tabelle 12 

Nachfrage und Arbeitskräfteengpass bzw. -überschuss in Lehrenden und ausbildenden Berufen, 2035

zugehörige Berufsgruppen

Nachfrage im Jahr 2035
 (in Tsd.)

Engpass (-)/
 Überschuss (+) in % 2035

Lehrtätigkeit an allgemeinbild. Schulen

25

-4%

Lehrt. berufsb. Fächer, betr. Ausb., Betr.päd

15

-22%

Lehr-, Forschungstätigkeit an Hochschulen

40

+48%

Lehrtätigk. außerschul. Bildungseinricht.

18

-19%

Fahr-, Sportunterricht außerschul. Bild.

16

-5%

Quelle: eigene Berechnungen

Der Angebotsüberschuss in der Lehr- und Forschungstätigkeit an Hochschulen wird dabei stark von der überdurchschnittlichen Zahl an 25 bis 35 Jahre alten Personen in diesem Beruf getrieben. Knapp ein Drittel aller Beschäftigten in diesem Beruf sind 25 bis 30 Jahre alt und ein Viertel 30 bis 35 Jahre alt. Damit machen diese Altersgruppen zusammen etwa 57 Prozent der Beschäftigten in der Lehr- und Forschungstätigkeit an Hochschulen aus, verglichen mit knapp 23 Prozent der Beschäftigten insgesamt, die in diese Altersgruppe fallen.[1] 

Die betrachteten Berufsgruppen sind stark akademisch geprägt. So dominiert in den lehrenden und ausbildenden Berufen das Anforderungsprofil Experte. In der Lehr- und Forschungstätigkeit an Hochschulen arbeiten sogar ausschließlich Personen dieses Anforderungsprofils. Lediglich in der Berufsgruppe Fahr- und Sportunterricht an außerschulischen Bildungseinrichtungen ist das Anforderungsprofil Spezialist und damit eine berufliche Ausbildung vorherrschend.

[1] Bei der Interpretation gilt es zu beachten, dass das hohe Arbeitskräfteangebot in der Altersgruppe in diesem Beruf sehr wahrscheinlich strukturell bedingt ist. Im Zusammenspiel mit den in dieser Studie unterstellten Szenarioannahmen bezüglich der Angebotsentwicklung ("Was passiert, wenn nichts passiert“) kann dies dazu führen, dass das zukünftige rechnerische Arbeitskräfteangebot überschätzt wird. Dies ist der Fall, wenn viele der Beschäftigten nach einer kurzen universitären Karriere in einen anderen Beruf wechseln.

Informatik- und IKT-Berufe

Im Jahr 2035 zeigt sich in den Informatik- und IKT-Berufen ein Überschuss von etwa 13.000 Personen. Das entspricht etwa sieben Prozent der Nachfrage nach Beschäftigten in diesen Berufen. Grund für diesen Angebotsüberschuss ist im Wesentlichen die Altersstruktur der Beschäftigten. Diese sind deutlich jünger als die Beschäftigten insgesamt. So hat die Berufsgruppe Informatik einen stark überdurchschnittlichen Anteil an unter 30 Jahre alten Beschäftigten und die Berufsgruppe Softwareentwicklung und Programmierung einen stark unterdurchschnittlichen Anteil an Beschäftigten der Altersklasse 50 Jahre und älter. Entsprechend gehen in den kommenden Jahren wenige Beschäftigte in Rente, gleichzeitig stoßen viele Nachwuchskräfte neu in die Berufsgruppen. 

Überschüsse zeigen sich in drei der vier zugeordneten Berufsgruppen. Besonders ausgeprägt ist der Fachkräfteüberschuss dabei in der Berufsgruppe Softwareentwicklung und Programmierung. Im Jahr 2035 übersteigt das Arbeitskräfteangebot die Nachfrage um 21 Prozent. Einen Fachkräfteengpass verzeichnet hingegen lediglich die Berufsgruppe IT-Netzwerktechnik, -Koordination, -Administration und -Organisation.

Tabelle 13 

Nachfrage und Arbeitskräfteengpass bzw. -überschuss in Informatik- und IKT-Berufen, 2035

zugehörige Berufsgruppen

Nachfrage im Jahr 2035
 (in Tsd.)

Engpass (-)/
 Überschuss (+) in % 2035

Informatik

51

+2%

IT-Systemanalyse, Anwenderber,
IT-Vertrieb

44

+9%

IT-Netzwerkt., -Koord., -Administr., -Orga.

37

-12%

Softwareentwicklung und Programmierung

63

+21%

Quelle: eigene Berechnungen

Mit Blick auf die Anforderungsprofile zeigt sich ein gemischtes Bild. In der Berufsgruppe Informatik arbeiten mehrheitlich Fachkräfte und zu geringeren Teilen auch Spezialisten und Experten. Die Berufsgruppe IT-Netzwerktechnik, -Koordination, -Administration und -Organisation ist mit über 80 Prozent der Beschäftigten hingegen von Spezialisten dominiert. Sowohl in der Berufsgruppe IT-Systemanalyse, Anwendungsberatung und IT-Vertrieb sowie in der Softwareentwicklung und Programmierung arbeiten hingegen mehrheitlich Experten.

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