Nachfrage und Angebot bis 2035

Die Nachfrage und das Angebot an Arbeitskräften gehen in Bayern bis zum Jahr 2035 spürbar zurück.

Arbeitskräftenachfrage im Detail

Die zukünftige Arbeitskräftenachfrage in Bayern wird wesentlich durch die Entwicklung der Bruttowertschöpfung und der Produktivität bestimmt. Die reale Bruttowertschöpfung wächst im zugrundeliegenden Szenario bis zum Jahr 2035 um durchschnittlich 1,7 Prozent p. a.[6] Der Wachstumsbeitrag des verarbeitenden Gewerbes ist dabei stabil. 

Insbesondere aufgrund von Produktivitätsfortschritten geht die mit der Erbringung der Wertschöpfung verbundene Nachfrage nach Arbeitskräften bis zum Jahr 2035 in Bayern zurück – um durchschnittlich -0,2 Prozent p. a. (Abbildung 4). Bezüglich der Dynamik zeigen sich je nach Branche und betrachtetem Beobachtungszeitraum jedoch unterschiedliche Entwicklungen. So ist zwischen 2020 und 2025 zunächst mit einer Steigerung der Arbeitskräftenachfrage von insgesamt etwa 0,2 Prozent p. a. zu rechnen, was unter anderem in der Branche Handel und Verkehr, Gastgewerbe auf Erholungseffekte in der Zeit nach der Corona-Pandemie zurückzuführen ist. Erst in der Folgezeit entsteht ein branchenübergreifender Rückgang der Arbeitskräftenachfrage. 

Der deutlichste Rückgang der Nachfrage findet im verarbeitenden Gewerbe statt. Ursächlich hierfür sind insbesondere die sehr hohen Produktivitätssteigerungen.

Jede Branche vereint eine Vielzahl an Berufen in sich. Die Beschäftigten einzelner Berufe wiederum verteilen sich auf eine Vielzahl von Branchen. Berufe der Unternehmensführung und -organisation werden beispielsweise in Unternehmen sämtlicher Branchen nachgefragt. Gesamtwirtschaftliche Trends wie die fortschreitende Digitalisierung führen dazu, dass sich die Zusammensetzung der benötigten Berufe auch innerhalb von Branchen und Unternehmen verschieben wird.

Abbildung 4
Arbeitskräftenachfrage nach Sektoren und ausgewählten Wirtschaftszweigen, als Veränderung in Prozent gegenüber 2020, 2025/2030/2035

23 degrees

Interactive graph will be embedded here

(You need a Pro Account from 23degrees.io to publish publicly.)

Wie sich die Nachfrage nach den einzelnen Berufshauptgruppen bis zum Jahr 2035 verändern wird, wurde überblicksartig bereits zu Beginn von Kapitel 3 aufgezeigt (vgl. Abbildung 3). Ein detaillierterer Blick, bei dem ebenfalls die Unterschiede über verschiedene Zeithorizonte sowie der resultierenden absoluten Arbeitskräftenachfrage im Jahr 2035 berücksichtigt werden, liefert weitere Erkenntnisse (Abbildung 5).

Abbildung 5
Arbeitskräftenachfrage nach Berufshauptgruppen, als Veränderung in Prozent gegenüber 2020 und absolut in Tsd., 2025/2030/2035

23 degrees

Interactive graph will be embedded here

(You need a Pro Account from 23degrees.io to publish publicly.)

Dabei zeigt sich für einige Berufshauptgruppen sehr deutlich, dass die alleinige Betrachtung des Jahres 2035 deutlich zu kurz greift. So finden sich nicht wenige Fälle, in denen in den kommenden Jahren bis 2025 sowie 2030 zunächst mit einem weiteren Anstieg der Arbeitskräftenachfrage zu rechnen ist. Teilweise ist dies auf einsetzende Erholungseffekte nach der Corona-Pandemie zurückzuführen (bspw. Darstellende, unterhaltende Berufe sowie Tourismus-, Hotel- und Gaststättenberufe), in anderen Berufshauptgruppen ist dies ebenfalls eine Folge des grundlegenden Strukturwandels (Informatik- und andere IKT-Berufe). 

Bei der Abschätzung der Relevanz der berufshauptgruppenspezifischen Entwicklungen für die bayerische Wirtschaft gilt es ebenfalls, die absolute Anzahl der nachgefragten Arbeitskräfte zu berücksichtigen. Nachstehend wird für bestimmte Berufshauptgruppen die Entwicklung der Nachfrage detaillierter dargestellt und dabei ebenfalls erläutert, auf welche Faktoren diese Entwicklungen im Wesentlichen zurückzuführen sind. Dabei fokussieren wir auf die Berufshauptgruppen Metallerzeugung und -bearbeitung, Metallbau, Informatik- und andere IKT-Berufe sowie medizinische Gesundheitsberufe. Im Zeitverlauf wird deutlich, dass sich die gesamte Arbeitskräftenachfrage bis zum Jahr 2025 zunächst wieder erholen wird, ehe diese in der Folgezeit deutlich zurück geht und gegen Ende des Beobachtungszeitraums im Jahr 2035 etwa drei Prozentpunkte unterhalb des Niveaus von 2020 liegt (Abbildung 6).

Abbildung 6
Entwicklung der Nachfrage 2020 bis 2035, insgesamt und für ausgewählte Berufshauptgruppen, Index 2020 = 100

23 degrees

Interactive graph will be embedded here

(You need a Pro Account from 23degrees.io to publish publicly.)

Metallerzeugung – bearbeitung, Metallbau

Im Jahr 2020 belaufen sich etwa 75 Prozent der Nachfrage nach Arbeitskräften in dieser Berufshauptgruppe auf die Berufsgruppen Metallbearbeitung (51 Prozent) und Metallbau und Schweißtechnik (25 Prozent) (Tabelle 2). Die Arbeitskräftenachfrage innerhalb dieser Berufsgruppen fokussiert sich mit einem Anteil von 60 bzw. 81 Prozent dabei insbesondere auf das Anforderungsprofil Fachkraft und mit einem Anteil von 33 bzw. 13 Prozent auf das Anforderungsprofil Helfer. Mit Blick auf die zukünftige Entwicklung rechnen wir in beiden Berufsgruppen mit einem überdurchschnittlichen Rückgang der Arbeitskräftenachfrage von jährlich etwa -0,4 Prozent. Eine spezifische Branche als Treiber dieser Entwicklung lässt sich dabei nicht eindeutig identifizieren. Grund ist, dass sich die Beschäftigten auf mehrere Branchen des verarbeitenden Gewerbes aufteilen, die sich hinsichtlich der Dynamik jedoch unterschiedlich entwickeln. So arbeiten im Jahr 2020 etwa 27 Prozent der Beschäftigten der Berufsgruppe Metallbearbeitung im Maschinenbau und damit in einer Branche mit konstanter Arbeitskräftenachfrage. 13 Prozent sind hingegen in der Herstellung von Kraftwagen- und Kraftwagenteilen und damit in einer Branche mit sinkender Arbeitskräftenachfrage beschäftigt. In dieser Berufsgruppe ist somit nicht nur ein genereller Rückgang der Nachfrage, sondern ebenfalls eine Verschiebung zwischen einzelnen Branchen zu beobachten. Neben den branchenspezifischen Entwicklungen ist das überdurchschnittlich hohe Substituierbarkeitspotenzial von etwa 82 Prozent der Tätigkeiten in dieser Berufshauptgruppe eine weitere Determinante für die sinkende Nachfrage nach Beschäftigten. Viele der heute noch von Beschäftigten ausgeübten Tätigkeiten werden demnach in Zukunft voraussichtlich automatisiert werden.

Tabelle 2

Relevanteste Berufsgruppen und wichtigste Branchen für die Nachfrage in der Berufshauptgruppe Metallerzeugung – bearbeitung, Metallbau

Relevanteste Berufsgruppen
 (75% der Nachfrage)

Anteil Nachfrage 2020

Dynamik bis 2035
 (p.a.)

Metallbearbeitung

51%

-0,4%

Metallbau und Schweißtechnik

25%

-0,4%

wichtigste Branchen für Nachfrage-entwicklung des Berufs Metallbearbeitung

Anteil an allen Erwerbs-tätigen in diesem Beruf

Dynamik bis 2035
 (p.a.)

Maschinenbau

27%

0,0%

H.v. Metallerzeugnissen

25%

0,2%

H.v. Kraftwagen und Kraftwagenteilen

13%

-0,4%

Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit 2021, eigene Berechnungen

Informatik- und andere IKT-Berufe

Mehr als drei Viertel der aktuellen Nachfrage in dieser Berufshauptgruppe entfällt auf die Berufsgruppen Softwareentwicklung und Programmierung (32 Prozent), Informatik (26 Prozent) und IT-Systemanalyse, IT-Anwendungsberatung und IT-Vertrieb (23 Prozent) (Tabelle 3). Dabei werden mit Anteilen von 19 bis 35 Prozent an Spezialisten und 20 bis 75 Prozent an Experten v.a. höher spezialisierte Arbeitskräfte nachgefragt. Die überdurchschnittliche Nachfragedynamik in der Berufsgruppe Softwareentwicklung und Programmierung ist u. a. darauf zurückzuführen, dass 52 Prozent der Nachfrage auf die Wachstumsbranche IT- und Informationsdienstleister entfällt. Darüber hinaus spielt für die Nachfrageentwicklung nach den Informatik- und anderen IKT-Berufen eine Rolle, dass diese auch branchenübergreifend verstärkt nachgefragt werden. So sind bereits im Jahr 2020 etwa 11 Prozent der Berufsgruppe Informatik in der Automobilindustrie beschäftigt – mit steigender Tendenz. Ähnliches gilt für die Berufsgruppe IT-Systemanalyse, IT-Anwendungsberatung und IT-Vertrieb. Hier entfallen heute 12 Prozent auf die Branche Rechts- u. Steuerberatung, Unternehmensberatung.

Tabelle 3 

Relevanteste Berufsgruppen und wichtigste Branchen für die Nachfrage in der Berufshauptgruppe Informatik- und andere IKT-Berufe

Relevanteste Berufsgruppen
 (75% der Nachfrage)

Anteil Nachfrage 2020

Dynamik bis 2035
 (p.a.)

Softwareentwicklung und Programmierung

32%

0,0%

Informatik

26%

-0,1%

IT-Systemanalyse, Anwender, IT-Vertrieb

23%

-0,1%

wichtigste Branchen für Nachfrage-entwicklung des Berufs Softwareentwicklung und Programmierung

Anteil an allen Erwerbs-tätigen in diesem Beruf

Dynamik bis 2035
 (p.a.)

IT- und Informationsdienstleister

52%

0,2%

H.v. DV-Geräten, elektron. u. optischen Erzeugnissen

6%

0,0%

Rechts- u. Steuerberatung, Unternehmensberatung

5%

0,0%

Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit 2021, eigene Berechnungen

Medizinische Gesundheitsberufe

Die aktuelle Nachfrage in der Berufshauptgruppe Medizinische Gesundheitsberufe konzentriert sich auf die Berufsgruppen Gesundheits- und Krankenpflege, Rettungsdienst und Geburtshilfe (39 Prozent), Arzt- und Praxishilfe (29 Prozent) sowie Human- und Zahnmedizin (11 Prozent) (Tabelle 4). In den ersten beiden Berufsgruppen werden mit einem Anteil von 70 bzw. 93 Prozent überwiegend Fachkräfte nachgefragt. Für diese Berufsgruppen zeigt sich bis zum Jahr 2035 ein Rückgang der Nachfrage von jeweils etwa -0,2 Prozent p. a. In der Human- und Zahnmedizin steigt die Nachfrage, die ausschließlich Experten umfasst, in den kommenden fünf Jahren zunächst weiter an und sinkt in der Folgezeit bis zum Jahr 2035 wieder ab auf das aktuelle Niveau. Beschäftigte dieser Berufsgruppen werden nahezu ausschließlich von den beiden Branchen Gesundheitswesen sowie Heime und Sozialwesen nachgefragt, so dass die Branchenentwicklungen die wesentlichen für die entsprechende Arbeitskräftenachfrage sind.

Tabelle 4

Relevanteste Berufsgruppen und wichtigste Branchen für die Nachfrage in der Berufshauptgruppe Medizinische Gesundheitsberufe  

Relevanteste Berufsgruppen
 (75% der Nachfrage)

Anteil Nachfrage 2020

Dynamik bis 2035
 (p.a.)

Gesundh., Krankenpfl., Rettungsd. Geburtsh.

39%

-0,2%

Arzt- und Praxishilfe

29%

-0,2%

Human- und Zahnmedizin

11%

0,0%

wichtigste Branchen für Nachfrage-entwicklung des Berufs Gesundh., Krankenpfl., Rettungsd. Geburtsh.

Anteil an allen Erwerbs-tätigen in diesem Beruf

Dynamik bis 2035
 (p.a.)

Gesundheitswesen

70%

-0,1%

Heime und Sozialwesen

25%

0,2%

Rechts- u. Steuerberatung, Unternehmensberatung

1%

0,3%

Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit 2021, eigene Berechnungen


[6] vbw/Prognos 2021

Container for the scroll indicator

(Will be hidden in the published article)