Nachfrage und Angebot bis 2035

Die Nachfrage und das Angebot an Arbeitskräften gehen in Bayern bis zum Jahr 2035 spürbar zurück.

Wesentliche Entwicklungen bis 2035 im Überblick

Der zukünftige qualifikatorische Mismatch und die potenziell daraus resultierende Mismatch-Arbeitslosigkeit werden maßgeblich dadurch beeinflusst, wie sich die berufsspezifische Nachfrage nach Arbeitskräften und das entsprechende Arbeitskräfteangebot entwickeln. So führt eine steigende Nachfrage nach Arbeitskräften einer bestimmten Berufsgruppe nicht zwangsläufig zu einer Verschärfung der potenziellen Arbeitskräfteengpässe. Dies ist erst dann der Fall, wenn die Entwicklung auf Seiten des Arbeitskräfteangebots nicht in gleichem Maße Schritt hält. 

Ebenfalls ist möglich, dass es trotz steigender Nachfrage im Zeitablauf zu einer Verringerung von Fachkräfteengpässen kommen kann. Dies ist dann der Fall, wenn sich das Arbeitskräfteangebot noch dynamischer entwickelt als die Nachfrage. Umgekehrt können sich bestehende Fachkräfteengpässe sogar bei einer rückläufigen Arbeitskräftenachfrage verstärken, sofern das Angebot noch schneller sinkt als die Nachfrage. Nur eine gleichzeitige Betrachtung der berufsspezifischen Entwicklung von Angebot und Nachfrage erlaubt somit erste Hinweise auf mögliche Engpässe und Überschüsse auf dem bayerischen Arbeitsmarkt. Die Gegenüberstellung der jährlichen Dynamik der bayerischen Nachfrage- und Angebotsentwicklung nach Arbeitskräften für die einzelnen Berufshauptgruppen zeigt dabei mehrere interessante Entwicklungen (Abbildung 3). 

Erstens wird deutlich, dass sich die Dynamik in der überwiegenden Zahl der Berufe negativ entwickelt. So findet sich auf Seiten des Arbeitskräfteangebots in lediglich acht der 36 Berufshauptgruppen eine positive Dynamik. Bei der Nachfrage ist dies in nur drei Berufshauptgruppen der Fall. Insgesamt kommt es in Bayern langfristig zu einem gleichzeitigen Rückgang der Nachfrage und des Angebots, wobei die Nachfrage mit -0,2 Prozent p. a. deutlich weniger stark zurückgeht als das Angebot (-0,6 Prozent p. a.). 

Zweitens wird mit Blick auf die durchschnittlichen jährlichen Veränderungsraten bis zum Jahr 2035 deutlich, dass deren Bandbreite auf Seiten des Angebots (-2,8 bis +1,1 Prozent p. a.) wesentlich ausgeprägter ist als auf Seiten der Nachfrage (-0,9 bis +0,2 Prozent p. a.). Somit hat die Angebotsentwicklung in vielen Berufsgruppen einen deutlich größeren Einfluss als die Nachfrage darauf, ob sich bestehende Ungleichgewichte zukünftig verschärfen oder entspannen werden.

Abbildung 3
Veränderung von Angebot und Nachfrage, 2020-2035, in Prozent p. a. 

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Bei der Interpretation gilt es zu beachten, dass die Dynamiken im Zeitverlauf teilweise deutlich variieren. So ist bis zum Jahr 2025 zunächst mit einem Anstieg der Arbeitskräftenachfrage zu rechnen (vgl. hierfür Kapitel 3.1), da dieser Zeitraum zunächst noch durch die Erholung nach der Corona-Krise geprägt ist. 

Mit Blick auf die Entwicklungen in den einzelnen Berufshauptgruppen spielt das Ausgangsjahr 2020 ebenfalls eine Rolle. So ist die positive Nachfragedynamik in den Berufshauptgruppen Tourismus, Hotel- und Gaststättenberufe sowie in den darstellenden und unterhaltenden Berufen überwiegend auf den Erholungseffekt im Nachgang der Pandemie zurückzuführen. 

Gleichwohl finden sich einige Berufshauptgruppen, bei denen die überdurchschnittliche Entwicklung der Arbeitskräftenachfrage nicht auf einmalige Corona-Effekte, sondern auf längerfristig wirkende Trends zurückzuführen ist. Hierzu gehören Erziehung, soziale und hauswirtschaftliche Berufe, Theologie, Informatik- und andere IKT-Berufe sowie Nichtmedizinische Gesundheits-, Körperpflege- und Wellnessberufe, Medizintechnik. Mit Blick auf die zukünftigen Herausforderungen in den Bereichen Kitaplätze-Ausbau, Digitalisierung, Energiewende und Pflege ist dies wenig überraschend. In den genannten Berufshauptgruppen befindet sich die Nachfrage gegen Ende des Betrachtungshorizonts im Jahr 2035 in etwa auf demselben Niveau wie heute. Da die Nachfrage insgesamt um -0,2 Prozent p. a. oder 3,0 Prozent bis 2035 sinkt, gewinnen diese Berufe anteilig an Bedeutung. 

Insbesondere mit Blick auf die Entwicklung von Ungleichgewichten und einem daraus resultierenden qualifikatorischen Mismatch sind solche Berufsgruppen interessant, bei denen die Entwicklung von Angebot und Nachfrage stark voneinander abweichen. Zu den Berufshauptgruppen, bei denen das Angebot deutlich stärker wächst als die Nachfrage, gehören Geologie-, Geografie-, Umweltschutzberufe, Informatik- und andere IKT-Berufe, Werbung, Marketing, kaufm., red. Medienberufe, Lehrende und ausbildende Berufe sowie Geistes-Gesellschafts-Wirtschaftswissenschaftliche Berufe. In diesen Berufsgruppen ist – je nach Ausgangssituation im Jahr 2020 - tendenziell mit Überschüssen zu rechnen. Demgegenüber stehen Berufshauptgruppen, in denen das Angebot deutlich stärker sinkt als die Nachfrage. Hierbei sind insbesondere Reinigungsberufe, Führer von Fahrzeug- u. Transportgeräten, Textil und Lederberufe, Gebäude- und versorgungstechnische Berufe sowie Schutz-, Sicherheits-, Überwachungsberufe zu nennen. Obwohl in diesen Berufen die Nachfrage jeweils überdurchschnittlich abnimmt, geht das Angebot noch schneller zurück. Abhängig von der Ausgangssituation führen diese Entwicklungen zu tendenziell eher zunehmenden Fachkräfteengpässen.

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