Beschäftigung und Arbeitslosigkeit

Die Anzahl der Beschäftigten ist in Bayern in den letzten Jahren deutlich gestiegen, die Arbeitslosenquote bleibt auf niedrigem Niveau.

Mismatch-Arbeitslosigkeit in Bayern

Trends wie die Digitalisierung, die Klimapolitik oder die Mobilitätswende treiben die Nachfrage nach Arbeitskräften mit den jeweils dafür passenden Qualifikationen bereits heute an. Gleichzeitig führt der technische Fortschritt und die zunehmende Automatisierung in einigen Branchen zu einem Abbau von Jobs – je nach Berufsgruppe in unterschiedlichem Ausmaß. Diese Entwicklungen führen zum sogenannten Fachkräfte-Paradox: der Arbeitskräfteknappheit in einigen Teilbereichen des Arbeitsmarkts bei gleichzeitigem Arbeitskräfteüberschuss in anderen Teilbereichen. Passen die Qualifikationen der vom Jobabbau betroffenen Arbeitssuchenden nicht zu den geforderten Qualifikationsprofilen offener Stellen und wird dadurch eine Beschäftigungsaufnahme verhindert, spricht man von sektoraler bzw. beruflicher Mismatch-Arbeitslosigkeit. Das Ausmaß dieser Mismatch-Arbeitslosigkeit ist nicht unbedeutend: je nach Definition sind 10 bis 45 Prozent der gesamten Arbeitslosigkeit in Deutschland auf ein Missverhältnis zwischen Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage zurückzuführen.[4] 

Zur Beschreibung der Arbeitslosigkeit existieren zahlreiche Indikatoren, jeweils differenziert nach Branchen, Berufen oder soziodemografischen Indikatoren. Welcher Anteil der Arbeitslosigkeit dabei jeweils auf den Teilbereich der Mismatch-Arbeitslosigkeit zurückzuführen ist, kann in den amtlichen Statistiken jedoch nicht ausgewiesen werden. Wertet man die nachstehend aufgeführten Indikatoren allerdings speziell nach Berufsgruppen aus, lassen sich erste Hinweise auf das Ausmaß von Mismatch-Arbeitslosigkeit ableiten. Denn mit jedem Beruf sind spezielle Kompetenzen und Qualifikationen verknüpft – was auf Ebene von Branchen oder soziodemografischen Merkmalen nicht der Fall ist. Die betrachteten Indikatoren werden in den Auswahlboxen ausführlich beschrieben.[5]

Arbeitslose

Arbeitslose sind definiert als arbeitslose Arbeitssuchende, die eine Beschäftigung von mindestens 15 Stunden pro Woche suchen, verfügbar und nicht jünger als 15 Jahre sind sowie in der Bundesrepublik Deutschland wohnen. Die Zahl der Arbeitslosen lag in Bayern im gleitenden Jahresdurchschnitt[1] im Juni 2020 bei gut 288.000 und somit etwa 13 Prozent über dem Wert von 2015.

[1] Der gleitende Durchschnitt ist ein Glättungsverfahren, bei dem die Saisonbereinigung von Datenreihen basierend auf der Bildung von arithmetischen Mitteln erfolgt. Datenreihen werden geglättet, um sie von Störgrößen und irregulären Komponenten zu befreien.

Arbeitslosenquote

Die Arbeitslosenquote beschreibt den Anteil der (registrierten) Arbeitslosen an der Gesamtzahl der Erwerbspersonen (Summe aus Erwerbstätigen und Arbeitslosen) und gibt somit Auskunft über die Unterauslastung des Arbeitskräfteangebots. In Bayern lag die Arbeitslosenquote im Berichtsjahr 2020 wie im Berichtsjahr 2015 bei 3,6 Prozent.

Anzahl gemeldeter Stellen

Die Anzahl gemeldeter Stellen umfasst Stellenangebote mit einer vorgesehenen Beschäftigungsdauer von mehr als sieben Kalendertagen, die der Bundesagentur für Arbeit gemeldet werden. Gemeldete Arbeitsstellen betreffen sozialversicherungspflichtige, geringfügige und sonstige Arbeitsstellen. In Bayern lag die Anzahl gemeldeter Stellen im gleitenden Jahresdurchschnitt Juni 2020 bei knapp 112.000 (gleitender Jahresdurchschnitt 2015: 65.200).

Arbeitslosen-Stellen-Relation

Die Arbeitslosen-Stellen-Relation[1] gibt Auskunft darüber, wie viele Arbeitslose auf 100 gemeldete Stellen kommen. Je niedriger dieser Quotient ausfällt, desto größer sind die Chancen für Arbeitslose eine Stelle zu finden und desto geringer die Chancen für Arbeitgeber, die Stelle zu besetzen. Niedrige Werte weisen also auf einen Engpass hin, hohe Werte auf einen Arbeitskräfteüberschuss. Der gleitende Jahresdurchschnitt für Juni 2020 lag in Bayern bei 257 Arbeitslosen je 100 gemeldeten Stellen. 2015 lag dieser Wert im gleitenden Jahresdurchschnitt bei 229.

[1]  Statistik der Bundesagentur für Arbeit 2020, Statistik der Bundesagentur für Arbeit 2011

Abgeschlossene Vakanzzeit

Die abgeschlossene Vakanzzeit[1] von Arbeitsstellen errechnet sich aus der Differenz der Abmeldung und des frühestmöglichen Besetzungstermins einer Stelle. Eine lange Vakanzzeit deutet daher auf einen Engpass oder auf Probleme bei der Besetzung der gemeldeten Arbeitsstellen mit einem passenden Bewerber hin. Die Vakanzzeit betrug in Bayern im gleitenden Jahresdurchschnitt im Juni 2020 136 Tage und damit 50 Tage mehr als im Jahr 2015.

[1] Statistik der Bundesagentur für Arbeit 2011

Zwischen der abgeschlossenen Vakanzzeit und der Arbeitslosen-Stellen-Relation ist ein negativer Zusammenhang zu erwarten: Kommen viele Arbeitslose auf eine gemeldete Stelle, kann diese schnell besetzt werden. Die Vakanzzeit ist dementsprechend kurz. Kommen hingegen nur wenige Arbeitslose auf die gemeldeten Stellen, bleiben diese länger vakant.

Abbildung 2

Um Verzerrungen zu vermeiden, werden nur Berufe mit einem Bestand von mehr als 50 Stellen und mehr als 50 Arbeitslosen berücksichtigt. Die Größe der Kreise gibt die Arbeitslosenquote des jeweiligen Berufs an (vgl. Referenzgröße).

Wie in Abbildung 2 zu erkennen ist, weisen die Daten tatsächlich einen nennenswerten, jedoch keinen starken linearen Zusammenhang zwischen den beiden Indikatoren auf (negative Korrelation von 0,52). So zeigen bspw. die Berufsgruppen Veranstaltungsservice und -management sowie Bodenverlegung den erwarteten negativen Zusammenhang zwischen den betrachteten Indikatoren. 

In der Berufsgruppe Veranstaltungsservice und -management kommen knapp 1.400 Arbeitslose auf 100 gemeldete Stellen, die Vakanzzeit liegt mit 74 Tagen 45 Prozent unter dem bayerischen Durchschnitt. Darüber hinaus weist diese Berufsgruppe mit 9,5 Prozent eine der höchsten berufsspezifischen Arbeitslosenquoten auf. In dieser Berufsgruppe gibt es folglich keine Hinweise auf einen Arbeitskräfteengpass. Vielmehr lassen diese Daten vermuten, dass ein beträchtlicher Teil der bestehenden Arbeitslosigkeit in dieser Berufsgruppe sowohl auf konjunkturelle Arbeitslosigkeit, als auch auf Mismatch-Arbeitslosigkeit zurückzuführen ist. Dafür spricht, dass die Arbeitslosenquote in den Jahren 2017 bis 2019 mit zwischen sechs und sieben Prozent bereits vergleichsweise hoch war, im Jahr 2020 aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage jedoch noch einmal weiter angestiegen ist. 

In der Berufsgruppe Bodenverlegung weisen die Indikatoren hingegen auf einen Engpass hin: Die Vakanzzeit liegt mit 222 Tagen 64 Prozent über dem bayerischen Durchschnitt und auf 100 gemeldete Stellen kommen nur 116 Arbeitslose. Die berufsgruppenspezifische Arbeitslosenquote liegt mit 3,3 Prozent unter dem bayerischen Durchschnitt. Abbildung 2 zeigt jedoch auch, dass der Zusammenhang zwischen abgeschlossener Vakanzzeit, Arbeitslosen-Stellen-Relation und Arbeitslosenquote nicht starr ist und davon abweichende Fälle existieren. 

Die durchgeführten Auswertungen zeigen, dass die Arbeitslosigkeit in Bayern zwar auf einem konstant niedrigen Niveau liegt. Gleichwohl finden sich Berufsgruppen, in denen aufgrund der betrachteten Indikatoren auf ein vergleichsweise hohes Maß an Mismatch-Arbeitslosigkeit geschlossen werden kann. Vor dem Hintergrund zunehmender Fachkräfteengpässe (Vgl. Kapitel 3) gilt es, diese Personengruppe als Potenzial zur Fachkräftesicherung zukünftig stärker zu aktivieren.

[4] Statistik der Bundesagentur für Arbeit 2011

[5] IAB 2014

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