Gesamtwirtschaftliche Prognose

Unseren Prognosen zufolge wird die chilenische Wirtschaftsleistung zwischen 2023 und 2030 um durchschnittlich 2,3 Prozent p. a. zulegen. Gemessen am Pro-Kopf-Einkommen gehört Chile mit rund 13.100 Euro im Jahr 2023 zu den reichsten Ländern Lateinamerikas. Im Vergleich dazu liegen etwa Brasilien mit 8.200 Euro oder Mexiko mit 8.900 Euro deutlich niedriger. Da die Bevölkerung im betrachteten Zeitraum kaum zunimmt, steigt auch das Pro-Kopf-BIP deutlich an und erreicht 2030 einen Wert von rund 15.200 Euro.

Demografische Entwicklung

Trotz größerer Landfläche als Deutschland leben in Chile deutlich weniger Menschen. Die Bevölkerungszahl von rund 19 Millionen wird sich über die kommenden Jahre kaum verändern, lediglich das Durchschnittsalter wird weiter ansteigen. Derzeit sind noch rund 68 Prozent der chilenischen Bevölkerung in erwerbsfähigem Alter. Über die kommenden Jahre wird dieser Wert und der Anteil der unter 15-Jährigen, aufgrund der seit Jahrzehnten sinkenden Geburtenrate, weiter abnehmen. Entsprechend dürfte der Anteil der über 65-Jährigen von derzeit 14 Prozent auf 17 Prozent im Jahr 2030 zunehmen. Im Vergleich zu Deutschland hat Chile jedoch auch 2030 noch eine junge Bevölkerung. So liegt der Anteil der über 65-jährigen in Deutschland bereits im Jahr 2023 bei 22 Prozent.


Außenwirtschaftliche Rahmenbedingungen

Die außenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen zwischen Chile und der EU bzw. Deutschland richten sich derzeit noch nach dem 2002 geschlossenen Assoziierungsabkommen. In absehbarer Zukunft ist aber ein deutlich verbesserter wechselseitiger Marktzugang zu erwarten: Ende 2022 haben Chile und die EU ihre Verhandlungen über ein fortgeschrittenes Rahmenabkommen erfolgreich beendet. Es schafft für fast alle Produkte die Zölle ab. Auch die Dienstleistungserbringung im Partnerland wird durch das neue Abkommen erleichtert. Derzeit wird das Abkommen von beiden Parteien rechtlich geprüft und muss anschließend noch ratifiziert werden. Es ist unklar, wie lang dieser Prozess dauert und wann das Abkommen in Kraft treten könnte. Darüber hinaus zählt Chile zu den offensten Volkswirtschaften der Welt mit zahlreichen Freihandelsabkommen und hat nahezu zollfreien Zugang zu einem Großteil der Märkte weltweit.

Institutionelle Rahmenbedingungen

Chile landet im weltweiten Vergleich der institutionellen Rahmenbedingungen im Mittelfeld. Im regionalen Vergleich mit anderen lateinamerikanischen Ländern erzielt es einen Spitzenplatz. Zu den Stärken des Landes zählen laut World Competitiveness Ranking das effiziente Steuersystem sowie die niedrige Staatsverschuldung. Hingegen bremsen regulatorische Unsicherheiten, der herrschende Fachkräftemangel sowie geringe Ausgaben für Forschung und Entwicklung das Wachstum des Landes.

Politische Rahmenbedingungen

Die politischen Rahmenbedingungen in Chile sind seit ein paar Jahren im Wandel. Soziale Unruhen im Jahr 2019 haben einen Verfassungsreformprozess angestoßen, welcher noch immer in Gang ist. Der erste Entwurf wurde Ende 2022 im Volksentscheid abgelehnt. Ein starker Rückschlag für den linken Präsidenten Gabriel Boric, der seit 2022 regiert. Anfang 2023 startete der Prozess zur Erarbeitung eines neuen Verfassungsentwurfes. Wirtschaftspolitisch verfolgt die chilenische Regierung eine sozialökonomisch geprägte Politik, also eine Wirtschaftspolitik mit einem starken Fokus auf soziale Belange. Grundsätzlich gilt die chilenische Gesellschaft als stark polarisiert, was eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen den politischen Lagern stark erschwert.

Exportchancen in Chile im Fokus

Im Ranking der deutschen Handelspartner bewegt sich Chile im hinteren Mittelfeld. Im Zeitraum von 2012 bis 2022 sind die deutschen Exporte in das lateinamerikanische Land lediglich um rund 0,8 Prozent p. a. gestiegen – deutlich weniger als der gesamtdeutsche Durchschnitt (3,7 %). Zuletzt entfielen im Jahr 2022 rund 0,2 Prozent der gesamten deutschen Exporte auf Chile.

Gemäß unseren Prognosen erwarten wir, dass die chilenische Importnachfrage zwischen 2023 und 2030 um durchschnittlich rund 2,7 Prozent p. a. wächst. Verhältnismäßig dynamisch werden sich dabei die Produktbereiche Elektrische Ausrüstungen sowie DV-Geräte, Elektronik und Optik entwickeln. Die Importnachfrage nach Kraftwagen und Maschinen dürfte hingegen, wie bereits in der Vergangenheit, nur unterdurchschnittlich zulegen.

Kraftwagen und Kraftwagenteile

Die zentrale Rolle der Produktgruppe Kraftwagen und Kraftwagenteile für den deutschen Exportsektor spiegelt sich auch in den bilateralen Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Chile wider. Auch wenn die deutschen Exporte seit 2012 leicht rückläufig waren, zählen Kraftwagen mit einem Exportwert von 400 Millionen Euro (2022) zu den wichtigsten Exportgütern Deutschlands nach Chile. Damit deckt Deutschland rund 5 Prozent der chilenischen Importnachfrage. Der Markt ist von einem intensiven Wettbewerb zwischen ausländischen Anbietern geprägt, nennenswerte einheimische Player gibt es keine. Die Hauptakteure sind China mit einem Marktanteil von 25 Prozent, Brasilien (12 %) und die USA (12 %). E-Mobilität spielt in Chile bisher noch kaum eine Rolle. Gründe dafür sind zum einen die im Vergleich zu Verbrennern höheren Kosten von Elektrofahrzeugen sowie die fehlende flächendeckende Ladeinfrastruktur. Langfristig setzt zumindest die Regierung auf einen deutlichen Ausbau der E-Mobilität: Chile soll bis 2050 klimaneutral werden, dafür soll u. a. der ÖPNV komplett und die private Fahrzeugflotte zu 40 Prozent auf Strom umgestellt werden.

Maschinen und Maschinenteile

Die Produktgruppe Maschinen und Maschinenteile ist der zentrale Stützpfeiler der bilateralen Handelsbeziehungen zwischen Chile und Deutschland. Mehr als jeder Fünfte exportierte Euro Deutschlands nach Chile ist dieser Produktgruppe zuzuordnen. Zwar sind die deutschen Exporte seit 2012 um durchschnittlich 0,5 Prozent p. a. gesunken. Dennoch bedient Deutschland mit einem Wert von rund 600 Millionen Euro gut 7 Prozent des chilenischen Importmarktes. Damit ist Deutschland der drittwichtigste Akteur auf dem Markt, der Abstand zu China (31 %) und den USA (20 %) ist dennoch hoch. Vor dem Hintergrund der Digitalisierung und Dekarbonisierung besteht in Chile ein erhöhter Bedarf an Maschinen für die digitale und nachhaltige Transformation der Wirtschaft. Die inländische Maschinenbauindustrie ist kleinteilig und wenig entwickelt. Daher wird der Großteil der benötigten Maschinen importiert. Darin bestehen mögliche Absatzchancen für deutsche Exportunternehmen im Maschinenbau. Bremsend wirkt, dass Chile insgesamt nur über einen relativ kleinen Industriesektor als Abnehmer von Maschinen und Anlagen verfügt.

Elektrische Ausrüstungen

In der Produktgruppe Elektrische Ausrüstungen sind die deutschen Exporte nach Chile mit durchschnittlich 2 Prozent p. a. seit 2012 stark zurückgegangen. Zuletzt lieferte Deutschland Waren im Wert von 100 Millionen Euro (2022) an Chile, gut 4 Prozent der gesamtchilenischen Importnachfrage. Hauptakteur ist, mit großem Abstand, China (47 %). Chile hat das ambitionierte Ziel, seinen Energiesektor bis 2050 klimaneutral zu gestalten. Um dies zu erreichen, plant das Land einen massiven Ausbau von Sonnen- und Windkraftanlagen, um die vorhandenen erneuerbaren Ressourcen optimal zu nutzen. Der Erfolg dieses Vorhabens hängt entscheidend von einem stabilen Stromnetz und zuverlässigen Stromspeichern ab. Bisher fehlen jedoch politische Investitionen, um diese wichtige Infrastruktur zu stärken.

DV-Geräte, Elektronik, Optik

In der Produktgruppe DV-Geräte, Elektronik, Optik ist die deutsche Ausfuhr zwischen 2012 und 2022 um durchschnittlich 2 Prozent p. a. auf 100 Millionen Euro angestiegen. Damit deckt Deutschland rund 2 Prozent der chilenischen Importnachfrage in diesem Bereich ab. Deutliche Marktführer sind neben China (46 %) auch die USA (21 %). Chile verzeichnet im regionalen Vergleich hohe Pro-Kopf-Ausgaben im Gesundheitsbereich, wobei rund 90 Prozent des Bedarfs an Medizintechnik importiert werden. Der Präsident hat den Ausbau staatlicher Gesundheitssysteme versprochen, womit u. a. der Ausbau von Krankenhäusern fortgesetzt wird. In Bezug auf das Thema Industrie 4.0 besteht in der gesamten Region, einschließlich Chile, Aufholbedarf. Um die Digitalisierung im öffentlichen Sektor voranzutreiben, wurde ein Entwicklungskredit in Höhe von 400 Millionen US-Dollar bereitgestellt.

Metallerzeugnisse

In der Produktgruppe Metallerzeugnisse zeichnet sich hinsichtlich der Entwicklung der deutschen Exporte, sowie dem Marktanteil Deutschlands ein sehr ähnliches Bild wie im Bereich DV-Geräte, Elektronik, Optik. Deutlicher Marktführer ist China mit einem sehr hohen Marktanteil von 61 Prozent. Der chilenische Präsident hat angekündigt, den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und des Schienennetzes voranzutreiben. Ein bedeutendes Infrastrukturprojekt ist der Bau einer neuen Eisenbahnstrecke zwischen Santiago und Chillán, für das umgerechnet rund 150 Millionen Euro investiert werden.

Chile als Investitionsstandort


Auf Chile entfallen derzeit rund 0,2 Prozent der gesamten deutschen Auslandsinvestitionen. Zuletzt belief sich der Bestand deutscher Auslandsinvestitionen in Chile auf annähernd 3 Milliarden Euro (2021), einem 33-prozentigen Anstieg im Vergleich zu 2011. Damit haben sich die Auslandsinvestitionen in Chile im Vergleich zu den gesamten deutschen Auslandsinvestitionen nur unterdurchschnittlich entwickelt. Ein hemmender Faktor ist die anhaltende politische Unsicherheit.

Dabei bietet Chile zahlreiche positive Standortfaktoren, etwa die Marktoffenheit, der stabile Rechtsrahmen und die makroökonomische Stabilität. Der Anteil der Industriebeschäftigten an allen Arbeitskräften ist in Chile mit fast 23 Prozent recht hoch – ein weiterer Punkt, der Chile als möglichen Produktionsstandort attraktiv macht.

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