Gesamtwirtschaftliche Prognose

Thailand gehört zur Gruppe der wirtschaftlich wichtigsten ASEAN-Staaten. Mit einem Bruttoinlandsprodukt von rund 420 Milliarden Euro im Jahr 2023 ist das Land die zweitgrößte Volkswirtschaft unter allen ASEAN-Staaten. Lediglich Indonesien liegt mit einem Bruttoinlandsprodukt von ca. 1 Billion Euro im Jahr 2023 vor Thailand. Wir rechnen damit, dass die thailändische Wirtschaft zwischen 2023 und 2030 um durchschnittlich 3,1 Prozent p. a. wächst. Das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner dürfte auf einem mittleren Niveau bleiben und von rund 6.000 Euro im Jahr 2023 auf rund 7.400 Euro im Jahr 2030 steigen. Thailand hat damit hinter Singapur (57.000 Euro im Jahr 2023) und Malaysia (10.800 Euro) das dritthöchste BIP je Einwohner aller ASEAN-Staaten.

Demografische Entwicklung

Die Bevölkerungszahl Thailands liegt heute bei rund 70 Millionen und wird über die kommende Dekade kaum wachsen. Im Vergleich zu den übrigen ASEAN-Staaten verfügt das Land über die zweitälteste Bevölkerungsstruktur hinter Singapur. Während im Zeitraum von 2023 bis 2030 der Anteil der über 65-Jährigen um 5 Prozentpunkte steigen dürfte, wird die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter voraussichtlich um 3 Prozentpunkte sinken, was sich leicht dämpfend auf das Wirtschaftswachstum auswirkt. Im Vergleich zu Deutschland hat Thailand jedoch eine junge Bevölkerung. So liegt der Anteil der über 65-jährigen im Jahr 2023 in Deutschland bei 22 Prozent, in Thailand bei lediglich 15 Prozent.



Außenwirtschaftliche Rahmenbedingungen

Die außenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen beim Handel zwischen Thailand und Deutschland sind derzeit durch das EU-ASEAN-Kooperationsabkommen von 1980 geregelt. Für viele Warengruppen gibt es tarifäre und nichttarifäre Handelshemmnisse, die den wechselseitigen wirtschaftlichen Austausch behindern. Aktuell verhandeln die EU und Thailand über ein deutlich umfassenderes Freihandelsabkommen. Die Verhandlungen haben bereits 2013 begonnen, wurden aber in Folge des Militärputsches im darauffolgenden Jahr ausgesetzt und erst im Frühjahr 2023 wieder aufgenommen. Das neue Freihandelsabkommen beinhaltet nicht nur den Warenverkehr, sondern auch Dienstleistungen, Investitionen und öffentliche Beschaffung. Im Bereich Warenverkehr sind der Handel mit Energie und Rohstoffen und die Aufhebung von Hürden im digitalen Handel von großer Bedeutung. Ein weiterer wichtiger Aspekt der außenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen Thailands ist seine ASEAN-Mitgliedschaft, das dem Land u. a. einen fast vollständig zollfreien Handel mit den übrigen ASEAN-Staaten erlaubt. Zudem verfügt Thailand über zahlreiche weitere Freihandelsabkommen, darunter das 2022 in Kraft getretene RCEP-Abkommen, das die weltgrößte Freihandelszone darstellt.

Institutionelle Rahmenbedingungen

Die institutionellen Rahmenbedingungen Thailands gelten etwa im Vergleich zu den meisten übrigen ASEAN-Ländern als gut. Das zeigt sich z. B. im Hinblick auf das World Competitiveness Ranking. Thailand belegt im Jahr 2023 Rang 30 und ist damit das drittwettbewerbsfähigste Land unter allen ASEAN-Staaten. Lediglich Singapur (Rang 4) und Malaysia (Rang 27) liegen noch weiter vorne. Als wichtige Standortvorteile werden etwa von gtai die Offenheit für ausländische Investitionen, der gut funktionierende Bankensektor, der große und breit aufgestellte Industriesektor und das hoch entwickelte Gesundheitswesen genannt. Der zunehmende Fachkräftemangel und die steigenden und vergleichsweise hohen Produktionskosten werden hingegen als hemmende Faktoren für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes genannt.

Politische Rahmenbedingungen

Gemäß Verfassung ist Thailand ein konstitutionelles Königreich mit demokratischer Regierungsform. Der König bildet das Staatsoberhaupt und der thailändische Premierminister ist der Regierungschef. Im Jahr 2014 haben sich die politischen Rahmenbedingungen durch einen Militärputsch verändert. Seitdem gilt eine Interimsverfassung, die dem Militär erhebliche Machtbefugnisse gewährt. Zudem bekleidete bis ins vergangene Jahr der vom Militär unterstützte frühere General Prayut Chan-o-cha das Amt des Premierministers. Bei den Parlamentswahlen 2023 gewann jedoch die demokratische Opposition. Seitdem ist Srettha Thavisin Regierungschef und führt eine 11-Parteien-Koalitionsregierung. In der Koalition befinden sich auch zwei Parteien, die dem Militär nahestehen. Im Ergebnis verfügt das Militär nach wie vor über erheblichen Einfluss auf die thailändische Politik.

Exportchancen in Thailand im Fokus

Thailand zählt zu den wichtigsten deutschen Handelspartnern unter den ASEAN-Staaten. Zwischen 2012 und 2022 stieg die deutsche Ausfuhr nach Thailand um 2,6 Prozent p. a. und damit etwas weniger dynamisch als die deutsche Ausfuhr insgesamt. Im Jahr 2022 lag ihr Wert bei rund 5 Milliarden Euro. Damit entfällt rund 0,3 Prozent der gesamten deutschen Ausfuhr auf Thailand.

In den kommenden Jahren bis 2030 rechnen wir mit einem kräftigen Wachstum der thailändischen Importnachfrage insgesamt. Sie dürfte um durchschnittlich 4,2 Prozent p. a. zulegen. Besonders dynamisch dürfte die thailändische Importnachfrage nach Elektrischen Ausrüstungen und nach DV-Geräten, Elektronik und Optik ansteigen. Die Einfuhr von Maschinen und Kraftwagen dürfte hingegen nur unterdurchschnittlich zulegen.

Kraftwagen und Kraftwagenteile

Die Produktgruppe Kraftwagen und Kraftwagenteile ist für den deutschen Exportsektor insgesamt von großer Bedeutung. Dennoch spielt sie bei den Handelsbeziehungen mit Thailand eine untergeordnete Rolle. Rund jeder zehnte aus Deutschland nach Thailand exportierte Euro ist diesem Bereich zuzuordnen. Im Zeitraum von 2012 bis 2022 ist die deutsche Ausfuhr um gut 3 Prozent p. a. gestiegen. Zuletzt exportierte Deutschland Kraftwagen und Kraftwagenteile im Wert von gut 550 Millionen Euro (2022). In Südostasien ist Thailand der führende Produzent von Kraftfahrzeugen und stellt vorrangig konventionelle Pkw und Pick-ups her. Elektrofahrzeuge haben deutlich an Bedeutung gewonnen. Thailand plant im Rahmen der nationalen Entwicklungsstrategie „Thailand 4.0“ (2017) bis Ende der 2030er-Jahre zu einem Zentrum für Forschung und Produktion von Autos der nächsten Generation zu werden. Bis 2030 soll bereits jedes zweite verkaufte Fahrzeug emissionsfrei sein. Fahrzeugtechnik wird jedoch hauptsächlich aus dem Ausland eingeführt. Die Förderungen für Investitionen in Fahrzeugtechnik werden häufig von der thailändischen Regierung geändert. Ebenso erfolgen regelmäßige Anpassungen der Abgaben auf Importe sowie der Zulassungsvorschriften. Die thailändischen Produzenten importieren insbesondere vollständig zerlegte Fahrzeugbausätze (Completely Knocked Down – CKD).

Maschinen und Maschinenteile

Der Produktbereich Maschinen und Maschinenteile zählt zu den zentralen Säulen der bilateralen Handelsbeziehungen zwischen Thailand und Deutschland. Rund 20 Prozent der deutschen Ausfuhr entfällt auf diesen Bereich. Im Zeitraum von 2012 bis 2022 ist der deutsche Export zwar um durchschnittlich -2 Prozent p. a. geschrumpft, trotzdem entfallen noch rund 1 Milliarde Euro (2022) auf den Warenhandel mit Maschinen und Maschinenteilen. Auf dem thailändischen Importmarkt bedient Deutschland rund 5 Prozent der Gesamtnachfrage. Damit zählt Deutschland noch zu den Top 5 der wichtigsten Akteure auf dem Markt. Die zentralen Marktführer sind China mit 37 Prozent und Japan mit 22 Prozent. Absatzchancen für deutsche Maschinenproduzenten bietet Thailand insbesondere in den Bereichen der Kfz- und der Elektroindustrie. Beide Bereiche werden im Rahmen der Entwicklungsstrategie „Thailand 4.0“ dabei unterstützt ihre Produktion in die Richtung Elektrofahrzeuge bzw. smarte Elektronik umzubauen. Im Allgemeinen fördert die thailändische Regierung die Verbreitung der Digitalisierung und der Automatisierung. Vor diesem Hintergrund hat Thailand alle Maschinenimporte von Einfuhrzöllen befreit.

Elektrische Ausrüstungen

Der Produktbereich Elektrische Ausrüstungen spielt in den bilateralen Handelsbeziehungen zwischen Thailand und Deutschland bislang eine geringe Rolle. Die deutsche Ausfuhr ist in diesem Bereich von 2012 bis 2022 um durchschnittlich 3 Prozent p. a. gewachsen. Zuletzt entfielen rund 440 Millionen Euro (2022) auf diesen Warenbereich. Auf dem thailändischen Importmarkt zählt Deutschland (4 %) zwar zu den Top 5 der wichtigsten Akteure, dennoch liegt der Markt deutlich in asiatischer Hand. Marktführer ist China mit einem Anteil von 42 Prozent, gefolgt von Japan mit 17 Prozent. Der Ausbau der erneuerbaren Energien verläuft in Thailand noch stockend. Dennoch plant die Regierung bis 2037 im Rahmen des Energieausbauplans eine deutliche Steigerung der erneuerbaren Energien auf ein Drittel anteilig an den gesamten Stromerzeugungskapazitäten. In diesem Zuge soll auch das thailändische Stromnetz erneuert werden. Über einen Zeitraum von 20 Jahren ist eine Investitionssumme von umgerechnet 6,7 Milliarden US-Dollar geplant.

DV-Geräte, Elektronik, Optik

Die deutsche Ausfuhr in der Produktgruppe DV-Geräte, Elektronik und Optik konnte über die vergangenen Jahre stark anziehen. Im Zeitraum von 2012 bis 2022 stiegen die deutschen Exporte um durchschnittlich 6 Prozent p. a. und erreichten zuletzt einen Warenwert von rund 750 Millionen Euro (2022). Der thailändische Importmarkt wird von asiatischen Staaten angeführt. China (28 %), Singapur (25 %) und Japan (10 %) zählen zu den größten Akteuren. Deutschland bedient lediglich 2 Prozent der thailändischen Importnachfrage in diesem Bereich. Die Elektrobranche zählt in Thailand, nach der Nahrungsmittel- und Kfz-Branche, zu den wichtigsten Industriebereichen. Sie fokussiert sich auf die Produktion ausgewählter Schlüsselprodukte, wie Komponenten und Zubehör für Computer sowie elektronische Schaltungen. Mögliche Absatzchancen für deutsche Produzenten bietet der Ausbau der Digitalwirtschaft. Damit möchte sich Thailand im Bereich der Datenzentren als Konkurrenz zu Spitzenreiter Singapur positionieren. Beispielsweise planen zwei japanische Anbieter Datenzentren in Thailand im Wert von über 160 Millionen US-Dollar zu bauen. Die thailändische Regierung unterstützt diese Entwicklung u. a. mit üppigen Steueranreizen. Auch der Bereich Medizintechnik bietet Chancen für deutsche Unternehmen.

Metallerzeugnisse

Der Produktbereich Metallerzeugnisse spielt in den bilateralen deutsch-thailändischen Außenhandelsbeziehungen eine untergeordnete Rolle. Zwar stieg die deutsche Ausfuhr von 2012 bis 2022 um durchschnittlich 2 Prozent p. a., bleibt dennoch auf einem recht geringen Niveau mit 140 Millionen Euro (2022). Der thailändische Importmarkt liegt mit einem Anteil von 51 Prozent deutlich in chinesischer Hand. Weitere relevante Akteure sind Japan (15 %) und Malaysia (5 %). Auf Deutschland entfällt lediglich ein Anteil von 2 Prozent. Für deutsche Unternehmen aus der Metallerzeugnisbranche könnten sich in Thailand insbesondere im Rahmen der Modernisierung und Erweiterung des Schienenverkehrs Absatzchancen ergeben. Thailand verfügt über das zweitgrößte Schienennetz Südostasiens, jedoch sind die Strecken meist einspurig und nicht elektrifiziert. Diesen Modernisierungsstau will Thailand mit dem Master Plan for Railway Network Development (2017) auflösen. Bis 2030 sollen in diesem Zuge 78 Milliarden US-Dollar in den thailändischen Schienenverkehr und den öffentlichen Personennahverkehr investiert werden. Neben den Investitionen in das Schienennetz sind weitere Großprojekte in Planung, u. a. der Bau einer Smart City und Business Hubs in Chonburi für 37 Milliarden US-Dollar und der Ausbau des Highways von Nakhon Nayok nach Saraburi Chalong für 2,2 Milliarden US-Dollar.

Thailand als Investitionsstandort


Innerhalb einer Dekade haben sich deutsche Direktinvestitionen in Thailand mehr als verdoppelt, von 2,2 Milliarden Euro im Jahr 2011 auf 4,7 Milliarden Euro im Jahr 2021. Damit liegt Thailand im südostasiatischen Vergleich als Ziel deutscher Direktinvestitionen auf Platz drei. Größer ist das Volumen nur in Malaysia und Singapur. Nichtsdestotrotz entfallen auf Thailand lediglich 0,3 Prozent der gesamten deutschen Auslandsinvestitionen.

Trotz der teils instabilen wirtschaftlichen Lage bietet Thailand ein attraktives Investitionsumfeld, in dem deutsche Investitionen durch ein bilaterales Investitionsschutzabkommen geschützt sind. Die thailändische Regierung fördert vor allem Investitionen im Bereich der verarbeitenden Industrie, worauf derzeit rund 44 Prozent des thailändischen FDI-Bestands entfallen. Besondere Unterstützung gewährt die thailändische Regierung auch für Investitionsprojekte im Umfeld der Strategie „Thailand 4.0“. Dies betrifft insbesondere Investitionen für die Entwicklung von moderner Landwirtschaft, Biotechnologie, Mobilität und Elektronik. Daneben gibt es jedoch auch Wirtschaftsbereiche, in denen ausländische Investitionen untersagt sind. Die betroffenen Branchen kommen insbesondere aus dem Dienstleistungsbereich und dem Bausektor und werden durch den Foreign Business Act vom Ausland abgeschirmt.

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