Gesamtwirtschaftliche Prognose

Mit einem Bruttoinlandsprodukt von rund 320 Milliarden Euro im Jahr 2023 ist Kolumbien im weltweiten Vergleich eine mittelgroße Volkswirtschaft und hinter Brasilien und Argentinien die drittgrößte Volkswirtschaft auf dem südamerikanischen Kontinent. Unseren Prognosen zufolge dürfte Kolumbiens BIP zwischen 2023 und 2030 um durchschnittlich 3,1 Prozent p. a. wachsen und damit zu den wachstumsstärksten Ländern in Lateinamerika gehören. Auch für das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner rechnen wir mit einer spürbaren Steigerung im betrachteten Zeitraum, von rund 6.300 Euro im Jahr 2023 auf rund 7.500 Euro im Jahr 2030. Im regionalen Vergleich liegt das Land damit auf einem eher niedrigen Niveau. So beläuft sich das Pro-Kopf-BIP in Argentinien aktuell auf rund 12.600 Euro, in Brasilien auf rund 8.200 Euro.

Demografische Entwicklung

Die Gesamtbevölkerung Kolumbiens beträgt heute rund 52 Millionen Einwohner. Damit ist Kolumbien nach Brasilien das bevölkerungsreichste Land Südamerikas. Die Bevölkerungszahl wird bis 2030 weiter leicht wachsen. Insgesamt weist Kolumbien damit eine junge Bevölkerungsstruktur auf. Gleichwohl setzt im Zeitraum von 2023 bis 2030 ein leichter Alterungsprozess ein: Während der Anteil der über 65-Jährigen um 3 Prozentpunkte zulegt, geht die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter um rund einen Prozentpunkt zurück.


Außenwirtschaftliche Rahmenbedingungen

Die Rahmenbedingungen für die außenwirtschaftlichen Beziehungen zwischen Kolumbien und Deutschland sind durch das EU-Kolumbien-Ecuador-Peru-Handelsabkommen geregelt, das seit 2013 in Kraft ist. Das umfassende Handelsabkommen beinhaltet substanzielle zollfreie Kontingente, teilweise oder vollständige Zollliberalisierungen, die Abschaffung nichttarifärer Handelshemmnisse auf regulatorischer oder technischer Ebene sowie die Einführung von Maßnahmen zur Förderung des Handels wie vereinfachte Zollverfahren. Der grenzüberschreitende Handel zwischen Deutschland und Kolumbien ist damit einfacher als mit den meisten übrigen lateinamerikanischen Staaten. Darüber hinaus verfügt Kolumbien über zahlreiche weitere Freihandelsabkommen, darunter mit den USA und den EFTA-Staaten. Gleichwohl berichten exportierende Unternehmen, dass nach wie vor größere nichttarifäre Handelshemmnisse in Form von bürokratischen Hürden bestehen, die den Handel behindern.

Institutionelle Rahmenbedingungen

Die institutionellen Rahmenbedingungen Kolumbiens gelten im Vergleich zu den übrigen lateinamerikanischen Ländern als gut. Das zeigt sich etwa im Hinblick auf das World Competitiveness Ranking. Kolumbien belegt im Jahr 2023 Rang 58 und ist damit das viertwettbewerbsfähigste Land in Lateinamerika. Als wichtige Standortvorteile gelten die günstige geografische Lage mit Zugang zu Pazifik und Atlantik, steuerliche Anreize für Investitionen in Zukunftsfelder wie erneuerbare Energien und der große Binnenmarkt. Zusätzlich ist Kolumbien ein potenzieller Hub-Standort, von welchem auch andere Märkte in Lateinamerika bedient werden können. Die weit verbreitete Korruption und eine ineffizient arbeitende Bürokratie, die große Einkommensungleichheit und hohe Transportkosten werden als hemmende Faktoren für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes gesehen.

Politische Rahmenbedingungen

Gemäß Verfassung ist Kolumbien eine demokratische Republik, die dem Präsidenten eine starke Stellung einräumt. Die politischen Rahmenbedingungen sind seit längerem durch Instabilität gekennzeichnet. Während der Amtszeit des rechtskonservativen Präsidenten Iván Duque (2018 bis 2022) haben Korruption, Polizeigewalt und soziale Ungleichheit zugenommen. Seit 2022 wird Kolumbien vom linksgerichteten Ministerpräsident Gustavo Petro geführt. Seine Regierungsführung wird durch das Auseinanderbrechen seiner Regierungskoalition und an ihn gerichtete Vorwürfe der illegalen Wahlkampffinanzierung erschwert. Größere Wirtschaftsreformen sind vor diesem Hintergrund in absehbarer Zeit nicht zu erwarten.

Exportchancen in Kolumbien im Fokus

Kolumbien zählt derzeit nicht zur Gruppe der wichtigsten Handelspartner Deutschlands. Zwischen 2012 und 2022 stieg der deutsche Export nach Kolumbien um 1,9 Prozent p. a. und damit weniger stark als die deutsche Ausfuhr insgesamt (3,7 % p. a.). Im Jahr 2022 lag der kolumbianische Anteil deutscher Exporte bei rund 2 Milliarden Euro. Damit entfällt derzeit lediglich rund 0,1 Prozent der gesamten deutschen Ausfuhr auf Kolumbien.

In den kommenden Jahren von 2023 bis 2030 erwarten wir gemäß unseren Prognosen ein kräftiges Wachstum der kolumbianischen Importnachfrage. Sie dürfte durchschnittlich um 3,6 Prozent p. a. zulegen. Verhältnismäßig dynamisch dürfte die kolumbianische Importnachfrage nach Elektrischen Ausrüstungen und Produkten aus der Kategorie DV-Geräte, Elektronik und Optik wachsen. Die Einfuhr von Kraftwagen und Maschinen dürfte sich hingegen, wie bereits in der Vergangenheit, nur unterdurchschnittlich entwickeln.

Kraftwagen und Kraftwagenteile

Die deutsche Ausfuhr von Kraftwagen und Kraftwagenteilen nach Kolumbien blieb über die letzten Jahre stabil bei rund 150 Millionen Euro (2022). Damit bedient Deutschland 4 Prozent der kolumbianischen Importnachfrage. Die Elektromobilität wird in Kolumbien bereits seit 2018 staatlich gefördert, indem u. a. die Fahrzeugsteuer für Elektrofahrzeuge gedeckelt wurde und bestimmte Verkehrsbeschränkungen nur für nicht elektrische Fahrzeuge gelten. Das führte in den vergangenen Jahren dazu, dass der Markt für Elektrofahrzeuge ein starkes Wachstum verbuchte. Bis 2030 soll die Zahl der zugelassenen E-Autos auf Kolumbiens Straßen auf 600.000 ansteigen.

Maschinen und Maschinenteile

Trotz rückläufiger Entwicklung zählen Maschinen und Maschinenteile zu den wichtigsten Handelsgütern bei den bilateralen Handelsbeziehungen zwischen Kolumbien und Deutschland. Zwischen 2012 und 2022 ist die deutsche Ausfuhr in diesem Bereich durchschnittlich um 1,3 Prozent p. a. gesunken. Mit einen Warenwert von rund 320 Millionen Euro bedient Deutschland 7 Prozent der kolumbianischen Importnachfrage. Damit zählt Deutschland zu den fünf wichtigsten Akteuren auf diesem Markt, welcher mit deutlichem Abstand von China (29 %) und den USA (23 %) angeführt wird. Absatzchancen können sich für deutsche Maschinenproduzenten im für Kolumbien sehr wichtigen Agrarsektor ergeben. Die Regierung plant eine Agrarreform, die eine deutliche Ausweitung der staatlichen Fördermittel beinhaltet. Zudem wird u. a. angestrebt, die inländischen Produktionskapazitäten von nachhaltigen Düngemitteln auszubauen, um unabhängiger von Importen zu werden und infolgedessen die Produktionskosten im Agrarsektor zu senken. Weitere wichtige Branchen des verarbeitenden Gewerbes in Kolumbien sind die Chemieindustrie und die Nahrungsmittelindustrie.

Elektrische Ausrüstungen

Die deutsche Ausfuhr Elektrischer Ausrüstungen ist zwischen 2012 und 2022 um durchschnittlich 1,6 Prozent p. a. gewachsen. Die Produktgruppe spielt jedoch im deutsch-kolumbianischen Außenhandel mit einem Warenwert von rund 90 Millionen Euro lediglich eine untergeordnete Rolle. Der kolumbianische Importmarkt ist mit 52 Prozent weitestgehend in chinesischer Hand. Kolumbien ist bei erneuerbaren Energien schon recht gut aufgestellt. Ein Großteil des Strombedarfs wird mit Wasserkraft gedeckt. Dennoch können sich in Kolumbien Absatzchancen für deutsche Hersteller elektrischer Ausrüstungen ergeben, unter anderem im Bereich Infrastruktur: Über die kommenden Jahre dürfte der Energiebedarf weiter steigen. Damit das Stromnetz dieser Entwicklung standhalten kann, plant die Regierung einen Stromnetzausbau für rund 4 Milliarden US-Dollar.

DV-Geräte, Elektronik, Optik

Die Produktgruppe DV-Geräte, Elektronik und Optik spielt im deutsch-kolumbianischen Außenhandel eine untergeordnete Rolle. Im Zeitraum von 2012 bis 2022 ist der Handelswert durchschnittlich um 0,7 Prozent p. a. auf rund 100 Millionen Euro angestiegen. Damit spielt Deutschland auf dem kolumbianischen Importmarkt eine Nebenrolle. Hauptakteur ist China – wie in vielen weiteren kolumbianischen Branchen – mit einem Anteil von 47 Prozent. Mögliche Absatzchancen bietet der kolumbianische Markt für Medizintechnik. Die Nachfrage nach Medizintechnik dürfte aufgrund der Verbreitung chronischer Erkrankungen, der Migration aus Venezuela sowie dem hohen Modernisierungsbedarf in Zukunft steigen. Diese kann von kolumbianischen Produzenten nur teilweise bedient werden, da sie hauptsächlich Verbrauchsmaterialien und technologisch einfache Produkte herstellen. Konkrete Investitionsprojekte umfassen u. a. den Bau eines Krankenhauses in Bogotá zur Behandlung von chronischen Krankheiten für fast 300 Millionen US-Dollar sowie den Bau eines Krankenhauses in Santa Clara für über 130 Millionen US-Dollar.

Metallerzeugnisse

Die deutsche Ausfuhr der Produktgruppe Metallerzeugnisse ist im Zeitraum von 2012 bis 2022 zwar um durchschnittlich 1,3 Prozent p. a. gestiegen, bleibt dennoch mit einem Wert von 37 Millionen Euro auf einem geringen Niveau. Den Wettbewerb auf dem kolumbianischen Importmarkt kann China mit einem Anteil von 49 Prozent derzeit klar für sich entscheiden. Für deutsche Unternehmen können sich in Kolumbien attraktive Absatzchancen als Zulieferer bei großen Infrastrukturprojekten bieten. Seit einigen Jahren investiert die Regierung verstärkt in den Ausbau der Verkehrswege. Das Infrastrukturprogramm der fünften Generation von 2021 verfügt über einen finanziellen Rahmen von 14 Milliarden US-Dollar und betrifft die Verkehrswege Straße, Schiene, Wasserwege und Flughäfen. So soll u. a. die Zugstrecke zwischen La Dorada und Chiriguaná für über 330 Millionen US-Dollar modernisiert werden.

Kolumbien als Investitionsstandort


Die deutschen Auslandsinvestitionen in Kolumbien sind in den vergangenen Jahren stark angestiegen. Im Zeitraum von 2011 bis 2021 konnten sie um 73 Prozent auf 2 Milliarden Euro zulegen. Dennoch entspricht dieser Wert lediglich 0,1 Prozent (2021) der gesamten deutschen Auslandsinvestitionen. Grundsätzlich ist Kolumbien als drittgrößter Markt Lateinamerikas ein potenziell attraktiver Investitionsstandort. Zuletzt haben sich jedoch einige relevante Faktoren verschlechtert, womit das Investitionsklima aktuell getrübt ist. 

Seit dem Präsidentschaftswechsel im Jahr 2022 und der kurz darauffolgenden Koalitionsauflösung im April 2023 herrscht politische Instabilität. Zuletzt wirkten stärkere Eingriffe des Staates in verschiedene Bereiche destabilisierend auf die nationale Wirtschaft. Eine Schwäche ist zudem das hohe Maß an Informalität auf dem Arbeitsmarkt. Zu den Vorteilen des Investitionsstandorts Kolumbien gehören hingegen die im regionalen Vergleich überdurchschnittlich gute schulische Ausbildung – rund 30 Prozent der Bevölkerung haben ein höheres Bildungsniveau. Zudem erleichtert das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kolumbien seit 2013 deutsche Investitionen im Land, insbesondere innerhalb der festgelegten Freihandelszonen. Zudem werden die rechtlichen Rahmenbedingungen als stabil gewertet.

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