Gesamtwirtschaftliche Prognose

Der Stadtstaat Singapur, der etwa die geografische Größe von Hamburg aufweist, verfügt mit einem Bruttoinlandsprodukt von 340 Milliarden Euro (2023) über fast 50 Prozent der Wirtschaftskraft Bayerns. Das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner Singapurs liegt weit über dem regionalen und globalen Durchschnitt. Im weltweiten Vergleich reiht sich der Stadtstaat mit rund 57.000 Euro unter die Top 10 hinter Norwegen und noch vor den Vereinigten Staaten ein. Zwischen 2023 und 2030 erwarten wir, dass das Pro-Kopf-Einkommen mit einer Wachstumsrate von 1,8 Prozent p. a. weiter ansteigen wird.

Demografische Entwicklung

Trotz der geringen Fläche wohnen in Singapur rund 6 Millionen Menschen (2023). Damit zählt Singapur zu den Ländern mit der höchsten Bevölkerungsdichte weltweit. In den kommenden Jahren wird die Bevölkerungszahl lediglich moderat zulegen, so dass im Jahr 2030 rund 6,3 Millionen Menschen in dem kleinen Stadtstaat leben werden. Der leichte Anstieg ist auf den Zuzug aus dem Ausland zurückzuführen. Bereits heute ist eine spürbare Alterung der Bevölkerung bemerkbar. Über die kommenden Jahre wird der Alterungsprozess anhalten. Sowohl in absoluten Zahlen als auch relativ zur Gesamtbevölkerung wird die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter bis 2030 abnehmen. Dies wird den bereits bestehenden Fachkräftemangel weiter verschärfen.

Außenwirtschaftliche Rahmenbedingungen

Die außenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen zwischen Singapur und der Europäischen Union richten sich nach dem Freihandelsabkommen EU-Singapur (EUSFTA), das Ende 2019 in Kraft getreten ist. Es verbesserte den gegenseitigen Marktzugang der Unternehmen, schaffte Doppelprüfungen bei ausgewählten Waren ab und erleichterte mit der Festlegung von Zollverfahren und Ursprungsregelungen den Handel. Singapur ist zusätzlich eines der Gründungsmitglieder des Verbandes Südostasiatischer Nationen (ASEAN) und entsprechend Teil der ASEAN-Freihandelszone. Zudem ist Singapur Teil der regionalen Wirtschaftspartnerschaft (RCEP), welche seit Anfang 2022 die zehn ASEAN-Staaten mit China, Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland innerhalb der weltweit größten Freihandelszone – gemessen am Bruttoinlandsprodukt – verknüpft. Darüber hinaus ist Singapur – neben Kanada, Mexiko, Chile, Peru und Australien sowie einigen weiteren Ländern – Teil des 2018 in Kraft getretenen Freihandelsabkommens zur transpazifischen Partnerschaft (CPTPP), welches im Gegensatz zu RCEP zusätzlich Bestimmungen zu Arbeits- und Umweltthemen enthält. Zahlreiche interessierte Bewerberländer (u. a. China, Vereinigtes Königreich, Thailand) warten auf eine Aufnahme in das Freihandelsabkommen. Insgesamt betrachtet ist Singapur mit über 25 Handelsabkommen ein wichtiges Handelszentrum im asiatischen Raum.

Institutionelle Rahmenbedingungen

Im globalen Vergleich der institutionellen Rahmenbedingungen gehört Singapur zu den Spitzenreitern. Gemäß dem World Competitiveness Ranking fußt diese Vorreiterstellung Singapurs insbesondere auf der starken Binnenwirtschaft, der engen außenwirtschaftlichen Vernetzung sowie der modernen Technologie- und Wissenschaftsinfrastruktur. Standortnachteile sind die im regionalen Vergleich hohen Preise und Löhne sowie der begrenzte Raum für die weitere Ansiedlung von u. a. ausländischen Fachkräften, auf welche Singapur jedoch angewiesen ist, um den Fachkräftemangel zu bewältigen.

Politische Rahmenbedingungen

Die politischen Rahmenbedingungen in Singapur sind sehr stabil. Seit 1959 stellt die konservative People’s Action Party ununterbrochen und mit deutlicher Mehrheit die Regierung des Stadtstaates. Da das politische System die Beteiligung weiterer Parteien erschwert, wird Singapur oft als Einparteienstaat oder auch als demokratische Autokratie beschrieben. Dennoch schätzt die inländische Privatwirtschaft sowohl die politische Stabilität als auch die liberale Wirtschaftspolitik der Regierung, welche wesentlich zu dem wirtschaftlichen Aufschwung Singapurs in den vergangenen Jahrzehnten beigetragen haben.

Exportchancen in Singapur im Fokus

Singapur ist innerhalb der Gruppe der ASEAN-Staaten mit Abstand der wichtigste Handelspartner der EU und Deutschlands. In der Rangliste der wichtigsten deutschen Handelspartner ist Singapur sowohl bei den Importen als auch bei den Exporten unter den Top 40 Ländern zu finden. Der deutsche Export nach Singapur ist von 2012 bis 2022 zwar um 1,7 Prozent p. a. gestiegen, der Anteil an den gesamtdeutschen Exporten ist in diesem Zeitraum jedoch leicht auf 0,5 Prozent gesunken. Deutschland exportiert in den Stadtstaat v. a. Maschinen und chemische Erzeugnisse. Insgesamt betrachtet importiert Singapur vorrangig Elektronik, Petrochemie und Maschinen.

Wir erwarten, dass die Importnachfrage Singapurs über die kommenden Jahre bis 2030 mit 2,8 Prozent p. a. ansteigt. Vergleichsweise kräftig wird die Importnachfrage nach Metallerzeugnissen sowie DV-Geräten, Elektronik und Optik zulegen. Die Importe von Kraftwagen und Maschinen werden bis 2030 eher unterdurchschnittlich ansteigen.

Kraftwagen und Kraftwagenteile

Die Produktgruppe Kraftwagen und Kraftwagenteile spielt in den bilateralen Handelsbeziehungen zwischen Singapur und Deutschland eine untergeordnete Rolle. Die deutschen Exporte dieser Warengruppe nach Singapur haben über die vergangenen zehn Jahre mit -1 Prozent p. a. sogar leicht abgebaut und umfassten 2022 lediglich einen Wert von rund 600 Millionen Euro. Mit etwa 16 Prozent verfügt Deutschland zwar über einen vergleichsweise großen Marktanteil, jedoch ist Singapur aufgrund strenger Zulassungsvorschriften, hohen Zulassungsgebühren sowie Zöllen ein schwieriger Absatzmarkt für Waren dieser Branche. Die größte Marktmacht geht mit einem Anteil von 25 Prozent von China aus. Dennoch ist im Vergleich mit den weiteren ASEAN-Staaten Singapur für die deutsche Automobilindustrie der wichtigste Absatzmarkt.

Maschinen und Maschinenteile

In der Produktgruppe Maschinen und Maschinenteile weist Deutschland einen Marktanteil von rund 6 Prozent auf. Auch hier ist der deutsche Export zwischen 2012 und 2022 mit ‑0,3 Prozent pro Jahr leicht gesunken. Dieser Produktbereich ist von einem intensiven Wettbewerb geprägt. Die zentralen Akteure auf dem Importmarkt Singapurs sind die Vereinigten Staaten (19 %), China (17 %) und Malaysia (12 %). Singapur ist mit einem Warenwert von zuletzt 1,5 Milliarden Euro wichtigster Importeur für deutsche Maschinen in der ASEAN-Region. Dabei ist die regionale Hub-Funktion Singapurs zu berücksichtigen. Ein Teil der importierten Maschinen wird über die Handelsdrehscheibe Singapur in andere Märkte der Region weiterverkauft. Absatzchancen für deutsche Maschinen gibt es insbesondere im Umfeld der stark wachsenden Halbleiterproduktion Singapurs.

Elektrische Ausrüstungen

In der Produktgruppe Elektrische Ausrüstungen hat Deutschland einen Marktanteil von rund 7 Prozent. Damit gehört Deutschland nicht zu den zentralen Marktakteuren in Singapur. Die höchsten Anteile weisen China (27 %) und Malaysia (11 %) auf. Gleichwohl entwickelte sich die deutsche Ausfuhr dieser Warengruppe von 2012 bis 2022 mit rund 3 Prozent p. a. dynamisch und belief sich im Jahr 2022 auf rund 800 Millionen Euro. Absatzchancen für bayerische Unternehmen im Bereich der Vorleistungen für hochentwickelte Fertigung im Rahmen von Industrie 4.0 können sich in Singapur im Rahmen der neu geplanten Dyson Batteriefabrik ergeben. Dyson wird über die nächsten vier Jahre rund 1,1 Milliarden US-Dollar in die Fertigung am singapurischen Standort investieren. Weitere Chancen können sich im Rahmen der Smart Nation Initiative zur digitalen Transformation des Landes der singapurischen Regierung ergeben.

DV-Geräte, Elektronik, Optik

Der Produktbereich DV-Geräte, Elektronik und Optik spielt bei den deutschen Exporten nach Singapur im Vergleich mit den anderen betrachteten Produktgruppen eine deutlich wichtigere Rolle. Zwar ist auch dieser Markt fest in den Händen der asiatischen Konkurrenz – Malaysia (21 %), Taiwan (21 %) und China (20 %) – dennoch exportiert Deutschland Waren dieser Produktgruppe im Wert von 1,7 Milliarden Euro (2022). Zusätzlich verzeichneten die deutschen Elektronik-Exporte nach Singapur von 2012 bis 2022 mit 5 Prozent p. a. sehr hohe Wachstumsraten. Die Elektronikbranche zählt in Singapur zu den zentralen Stützpfeilern des Wirtschaftswachstums und rund ein Drittel der Einfuhr ist auf die Elektronik zurückzuführen. Der weltweite Ausbau des 5G-Netzes, sowie die weltweit steigende Nachfrage nach Halbleitern hat die Nachfrage in diesem Bereich zusätzlich gestärkt. In dem Stadtstaat ist die gesamte Halbleiter-Wertschöpfungskette zu finden. Absatzchancen bieten sich bei den Vorleistungsprodukten, bei welchen es vielfach zu Knappheit und Lieferschwierigkeiten kommt.

Metallerzeugnisse

Der Markt für Metallerzeugnisse in Singapur ist durch Deutschland noch vergleichsweise wenig erschlossen. Marktführer ist mit deutlichem Abstand China (41 %), darauf folgen Malaysia (17 %) und die USA (8 %). Auf Deutschland sind mit einem Marktanteil von rund 3 Prozent lediglich Einfuhren im Wert von knapp 200 Millionen Euro zurückzuführen. Zwischen 2012 und 2022 sind die deutschen Metallerzeugnisexporte nach Singapur um rund 2 Prozent p. a. gesunken. Absatzchancen bieten die anhaltend hohen Investitionssummen der Regierung in die Infrastruktur des Stadtstaates – rund 5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes pro Jahr. Während der Pandemiejahre 2020 und 2021 kam es häufig zu Baustopps, was zu einem hohen Nachholbedarf in den Jahren 2022 und 2023 führte. Die Nachhaltigkeit wird in der Bauindustrie eine wichtigere Rolle einnehmen, verdeutlicht durch den „Singapore Green Plan 2030“.

Singapur als Investitionsstandort


Singapur hat in den letzten Jahren als Investitionsstandort für deutsche Auslandsinvestitionen an Bedeutung gewonnen. Zwischen 2011 und 2021 sind die deutschen Direktinvestitionen in Singapur um 80 Prozent gestiegen – und damit stärker als die deutschen Auslandsinvestitionen insgesamt. Sie haben zuletzt ein Niveau von rund 18 Milliarden Euro (2021) erreicht. Damit entfallen rund 1,3 Prozent der gesamten deutschen Auslandsinvestitionen auf das Land.

Perspektivisch könnte Singapur als Investitionsstandort weiter an Attraktivität gewinnen: Bereits 2019 wurde mit der EU ein Investitionsabkommen unterzeichnet. Es kann jedoch erst dann in Kraft treten, wenn alle europäischen Mitgliedsstaaten es ratifiziert haben. Noch ist unklar, bis wann das der Fall sein wird. Ein Standortvorteil Singapurs ist das gute Bildungsniveau. Fast 62 Prozent der Bevölkerung verfügen über ein höheres Bildungsniveau bzw. einen tertiären Abschluss – ein weit überdurchschnittlicher Wert. Ein bremsender Faktor in Singapur ist der ausgeprägte Fachkräftemangel. Der lokale Arbeitsmarkt ist dabei sehr stark auf den Dienstleistungssektor spezialisiert.

Zurück zur Übersicht

Container for the scroll indicator

(Will be hidden in the published article)