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Spanien

Wirtschaftspolitik

Ministerpräsident Pedro Sánchez steht seit Anfang 2020 der ersten nationalen Koalitionsregierung seit Jahrzehnten vor. Jedoch ist die linksgerichtete Regierung bei der Mehrheitsfindung auf Partner angewiesen. Das erschwert die Durchsetzung von größeren Reformvorhaben etwa im Rentensystem oder auf dem Arbeitsmarkt. Als Voraussetzung für die Unterstützung aus den Mitteln des EU-Wiederaufbaufonds, von denen Spanien 140 Milliarden Euro zustehen, hat Sánchez einen „Genesungsplan“ vorgelegt. Schwerpunkte des Plans sind die Schaffung neuer Arbeitsplätze, insbesondere durch Investitionen in „grüne“ Zukunftstechnologien und die Digitalisierung. Zudem ist eine Arbeitsmarktreform geplant. Eine aktive Beschäftigungspolitik und verstärkte Eingliederungsmaßnahmen sollen helfen, die sehr hohe Jungendarbeitslosigkeit und die starken saisonalen Schwankungen der Arbeitslosenzahlen insgesamt zu reduzieren. Details zur Umsetzung der geplanten Maßnahmen liegen noch nicht vor.

Demografie und Arbeitsmarkt

In Spanien leben derzeit rund 47 Millionen Menschen. Die Bevölkerungszahl stagniert seit einigen Jahren. Aufgrund der niedrigen und sinkenden Geburtenrate sowie durch Abwanderung schrumpft die Bevölkerung bis zum Jahr 2040 um insgesamt 3,3 Prozent. In den kommenden beiden Dekaden wächst nur die Altersgruppe der über 64-Jährigen. Der Altenquotient steigt von 30 Prozent (2020) auf 56 Prozent (2040). Die Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter sinkt bis 2040 um jahresdurchschnittlich 0,5 Prozent. Damit den Unternehmen auf dem Arbeitsmarkt auch künftig ausreichend Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, muss Spanien eine Lösung für die Langzeit- und Jugendarbeitslosigkeit finden. Wir erwarten, dass bis 2040 die Integration der Arbeitssuchenden in den Arbeitsmarkt sukzessive besser gelingt, wodurch die Erwerbslosenquote von 15,8 Prozent (2020) auf dann 2,9 Prozent (2040) sinkt.

Gesamtwirtschaftliche Entwicklung

Die spanische Volkswirtschaft ist die viertgrößte innerhalb der Europäischen Union und konnte in den letzten Jahren relativ hohe Wachstumsraten zwischen 2 und 3 Prozent verzeichnen. Gleichwohl hat Spanien nach wie vor strukturelle Probleme, die durch die Folgen der COVID-19-Pandemie offengelegt wurden. So brach die Wirtschaftsleistung während der Pandemie stark ein und Spanien rutschte EU-weit am tiefsten in die Rezession (2020: -8,9 %). 2021 erholt sich Spanien mit einer positiven Wachstumsrate von 6,8 Prozent. Gleichwohl dauert es bis 2022, bis Spaniens Volkswirtschaft wieder das Vorkrisenniveau erreicht. In den kommenden Jahren flacht das Wachstum ab und pendelt sich Mitte der 2020er-Jahre bei knapp 2 Prozent ein. Für den gesamten Zeitraum von 2020 bis 2040 erwarten wir durchschnittliche Wachstumsraten in Höhe von 2,1 Prozent p. a.

Konsum, Investitionen und Außenbeitrag

Das spanische Wirtschaftswachstum wurde in den vergangenen 20 Jahren vor allem durch den privaten Konsum, den staatlichen Konsum und die Nettoexporte getragen. In den kommenden beiden Dekaden zieht vor allem der private Konsum, gefördert von einer positiven Reallohnentwicklung, stark an und leistet im Zeitraum von 2020 bis 2040 einen Wachstumsbeitrag von 57 Prozent. Auch die Investitionen entwickeln sich dynamischer als in der Vergangenheit. Der Beitrag der Nettoexporte fällt weiterhin positiv aus, ist jedoch aufgrund der steigenden Inlandsnachfrage geringer als bisher. Auch die Bedeutung des staatlichen Konsums geht zurück.

Wirtschaftsstruktur

Der Einfluss des Strukturwandels auf die spanische Volkswirtschaft ist klar ersichtlich. Die Dienstleistungen haben an Bedeutung gewonnen und trugen im Jahr 2020 gut drei Viertel der Bruttowertschöpfung. Der Anteil des produzierenden Gewerbes und der Bauwirtschaft liegt bei rund einem Fünftel und bleibt auch in Zukunft auf diesem Niveau. In den kommenden Dekaden steigt der Anteil der Dienstleistungen zulasten des Anteils der Landwirtschaft leicht.

Branchenentwicklung

Trotz anhaltendem Beschäftigungsrückgang zählt die Landwirtschaft in Spanien mit einem Anteil von 4 Prozent (2020) zu den beschäftigungsintensivsten Branchen. Ebenso trägt sie mit 3 Prozent (2020) mehr zur Bruttowertschöpfung bei als jede Branche des verarbeitenden Gewerbes. Jedoch wächst die Landwirtschaft in den kommenden Dekaden nur unterdurchschnittlich. Die größte Branche im verarbeitenden Gewerbe ist die Nahrungsmittelbranche. Sie beschäftigt rund 2 Prozent (2020) der Erwerbstätigen und trägt 2 Prozent (2020) zur Bruttowertschöpfung bei. Der Fokus liegt auf der Produktion für die inländische Gastronomie. Zudem spielen für die spanische Industrie die Branchen Kraftwagenbau und Metallerzeugnisse eine wichtige Rolle. Das stärkste Wachstum verzeichnet künftig jedoch die sehr kleine Elektronikbranche. Innerhalb der Dienstleistungsbranchen zählt das Grundstücks- und Wohnungswesen zu den größten Branchen. Das höchste Wachstumstempo verzeichnet aufgrund der Digitalisierung die IKT-Branche.

Staatsfinanzen

Die spanische Schuldenstandsquote war bereits infolge der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/09 stark angestiegen und lag 2019 bei 96 Prozent. Durch die Hilfsmaßnahmen und den Rückgang der Steuereinnahmen im Zuge der COVID-19-Pandemie stieg die Schuldenstandsquote 2020 auf 109 Prozent. Für die kommenden Dekaden erwarten wir steigende Staatsausgaben etwa aufgrund des demografischen Wandels und der dadurch steigenden Rentenausgaben. Das Budgetsaldo pendelt sich im Zeitraum bis 2040 bei rund -3 Prozent ein. Aufgrund der steigenden Inflation und dem stärkeren Wirtschaftswachstum erwarten wir langfristig einen kontinuierlichen Rückgang der Schuldenstandsquote auf 93 Prozent im Jahr 2040.

Außenhandel

Spanien gilt als offenes Land und Brückenkopf nach Süd- und Mittelamerika. Auch künftig zieht der Außenhandel weiter an und der Offenheitsgrad nimmt zu. Obwohl die Importe dynamischer wachsen als bisher, steigen die Exporte noch stärker an. Zu den spanischen Haupthandelsgütern zählen chemische Erzeugnisse, Kraftwagen und Kraftwagenteile sowie Nahrungsmittel. Neben Frankreich und Italien zählt Deutschland mit einem Anteil von über 10 Prozent am spanischen Außenhandel zu den Haupthandelspartnern. Weitere zentrale Lieferländer sind China und die Niederlande. Zu den wichtigsten Absatzmärkten zählen zudem Portugal und die USA. Bis 2040 gewinnen vor allem die Handelsbeziehungen zu China und den USA an Bedeutung.

Institutionelle Rahmenbedingungen

Spanien ist innerhalb der Europäischen Union ein ökonomisches Schwergewicht. Neben einem großen Binnenmarkt und einer sehr gut ausgebauten Infrastruktur kann es mit einer zunehmenden Internationalisierung der Unternehmen und einem weiten Liefernetzwerk punkten. Negativ wirken sich hingegen die anhaltende politische Unsicherheit und die hohe Staatsverschuldung aus.

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