Branchenbilder

Handel

Die Branche heute

Der Handel bildet ein wichtiges Bindeglied zwischen den Herstellern von Produkten auf der einen und den Konsument*innen bzw. den weiterverarbeitenden Unternehmen auf der anderen Seite. Er teilt sich auf in Großhandel, Einzelhandel sowie Handel und Reparatur von Kraftfahrzeugen. Mit einer Bruttowertschöpfung von 465 Milliarden Euro war der Handel im Jahr 2019 die größte Einzelbranche in Deutschland. In den Jahren 2010 bis 2019 stieg die Bruttowertschöpfung jährlich um durchschnittlich 2,3 Prozent und damit stärker als die des Dienstleistungssektors insgesamt, die um 1,5 Prozent p. a. zulegte. Die Erwerbstätigenzahl stieg im selben Zeitraum um lediglich 0,4 Prozent p. a. und damit weniger dynamisch als die der Dienstleistungen insgesamt (1,2 % p. a.). Mit 6 Millionen Erwerbstätigen gehört der Handel neben dem Gesundheitswesen und den unternehmensnahen Dienstleistungen zu den drei Branchen mit den meisten Erwerbstätigen überhaupt – in Deutschland arbeitet gut jede achte erwerbstätige Person im Handel.

Wie viele andere Dienstleistungsbranchen ist auch der Handel nur wenig exportorientiert. Dies gilt besonders für den Einzelhandel, weniger für den Großhandel. Im Vergleich zu den Branchen des verarbeitenden Gewerbes ist aber auch die Exportorientierung des Großhandels gering.

Die Wettbewerbssituation

Der Handel ist insgesamt betrachtet ein mittelständisch geprägter Wirtschaftszweig. Im Teilbereich Großhandel liegt der durchschnittliche Jahresumsatz je Unternehmen mit rund 8,4 Millionen Euro höher als in der Gesamtbranche (3,6 Mio. Euro). Doch auch im Großhandel sind 98 Prozent der Unternehmen kleine und mittlere Unternehmen, rund 80 Prozent davon sind Kleinstunternehmen. Grundsätzlich ist auch der Einzelhandel von kleinen Unternehmen geprägt. Dennoch sind inzwischen in fast allen Einzelhandelssegmenten Konzentrationstendenzen zu beobachten. In einzelnen Teilsegmenten ist die Marktkonzentration bereits sehr hoch – z. B. im Lebensmittelhandel, in dem sechs Unternehmen für rund 90 Prozent des Umsatzes des Segments verantwortlich sind.

Noch überwiegen die stationären Händler in Anzahl und Umsatz, ihr Anteil sinkt jedoch seit Jahren. Im Gegenzug gewinnen sowohl der Multikanalhandel als auch der reine Onlinehandel an Bedeutung. Der Bedeutungsgewinn des Onlinehandels hat die Wettbewerbslandschaft in den letzten 20 Jahren drastisch verändert. Die COVID-19-Pandemie hat diesen Trend in der jüngeren Vergangenheit nochmals deutlich beschleunigt. Die Ladenschließungen im Zuge der Pandemiebekämpfung waren auch für viele bislang rein stationäre Händler ein starker Anreiz, alternative Vertriebskanäle zu testen und zu etablieren. Dazu gehört neben Konzepten wie „Click and Collect“ auch der Onlinevertrieb. Gleichzeitig zeigt sich in der COVID-19-Pandemie, dass eine gute Kundenbindung ein Wettbewerbsvorteil im Vergleich zu reinen Onlinehändlern sein kann. Dennoch dürfte der Onlinehandel seinen Anteil am Geschäft weiter ausbauen und damit den Wettbewerbsdruck auf den stationären Einzelhandel erhöhen. Während der COVID-19-Pandemie hat der Onlinehandel auch beim Handel mit Lebensmitteln und Produkten des täglichen Bedarfs an Bedeutung gewonnen – Waren, die vorher vergleichsweise wenig online nachgefragt waren. Eine Besonderheit des Onlinehandels sind die sogenannten Marktplätze. Große E-Commerce-Plattformen bieten nicht nur selbst Produkte an, sondern platzieren gegen Provision die Ware anderer Händler. Somit nehmen einige Marktteilnehmer nicht nur als Anbieter im Markt teil, sondern bieten selbst eine Art Markt an und haben teilweise eine äußerst starke Marktposition. Auch beim Großhandel sowie bei Kfz-Händlern gewinnt der Onlinevertrieb an Bedeutung.

Die wichtigsten Zukunftstrends

Der prägende Trend für die nächsten Jahre sind die Digitalisierung und die mit ihr verbundenen Möglichkeiten des Multikanalvertriebs. Die Nachfrage der Konsument*innen ist individualisierter als früher. Händler kommen diesem Trend mit flexibleren Angeboten inkl. der Kombination von Online- und stationärem Vertrieb nach. Ein Beispiel hierfür ist die Möglichkeit, ein Produkt im Onlineshop zu kaufen, jedoch im dazugehörigen Geschäft/Laden wieder zurückzugeben. Perspektivisch kann die zunehmende Verbreitung des Internets der Dinge neue Impulse geben. Im Bereich Lebensmitteleinzelhandel könnte etwa die Vernetzung mit smarten Kühlschränken neue Vertriebskanäle eröffnen. Die Digitalisierung ermöglicht zudem deutlich umfangreichere Kunden- und Marktanalysen, die für die Produktentwicklung sowie den Vertrieb nützlich sind. Diese Analysen sind auch im Bereich des Groß- sowie des Kfz-Handels wichtig.

Des Weiteren weiten Händler ihre Dienstleistungspalette aus. Viele Großhändler bieten bereits jetzt neben der reinen Warendistribution weitere Dienste wie die Organisation der Logistik und Zollabwicklungen an. Im stationären Einzelhandel geht der Trend in Richtung Vollsortiment und Erlebniserfahrungen. Große Sporthändler bieten z. B. eigene Wasserbecken oder Kälteräume an, um die Ausrüstung direkt vor Ort testen zu können. Onlinehändler werden hingegen durch den Ausbau von (digitalen) Beratungsangeboten weiter versuchen, ihre Nachteile gegenüber dem stationären Handel zu verringern. Bspw. entwickeln mehrere Modehändler Programme, über die Kleidung online anprobiert werden kann.

Weitere wichtige Trends mit Auswirkungen auf den Handel sind die Nachhaltigkeit und der Klimaschutz. Insbesondere im Onlinehandel entsteht viel Verpackungsmüll und es fallen zahlreiche Retouren an. Beim stationären Handel entstehen THG-Emissionen insbesondere durch den Energieverbrauch der Filialen sowie die Anfahrt der Kund*innen. Um diese zu reduzieren, planen mehrere Einzelhandelsketten ihre neuen Filialen an Orten zu Gründen, die besser mit den öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Fahrrad erreicht werden können. Zudem können zusätzliche Dienstleistungen wie Ladesäulen die Anfahrt mit dem E-Auto fördern.

Die Zukunft der Branche in Zahlen

Die Bruttowertschöpfung der Handelsbranche wächst bis zum Jahr 2040 mit durchschnittlich 1,0 Prozent p. a. Diese Dynamik ist nur leicht schwächer als die der Gesamtwirtschaft, deren Bruttowertschöpfung im Schnitt mit 1,1 Prozent p. a. zulegt. Die Entwicklung der Erwerbstätigenzahlen liegt im gesamtwirtschaftlichen Trend: Jedes Jahr reduziert sich die Zahl der Erwerbstätigen im Handel durchschnittlich um 0,3 Prozent.

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