Die Welt im Fokus
Die kurze Frist - Weltwirtschaft im Lockdown
Die COVID-19-Pandemie hat die wirtschaftliche Entwicklung weltweit in Mitleidenschaft gezogen. Im Jahr 2020 brach die Wirtschaftsleistung in fast allen Ländern deutlich ein. Insgesamt schrumpfte das weltweite Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 2,7 Prozent. Im Jahr 2021 erholt sich die Weltwirtschaft deutlich und wächst um 5,2 Prozent. Damit erreicht das globale BIP bereits im Laufe des Jahres 2021 das Niveau von vor der Rezession. Auch im Jahr 2022 erwarten wir mit 4,0 Prozent ein kräftiges Wachstum.
Die wirtschaftliche Erholung der einzelnen Staaten verläuft allerdings unterschiedlich schnell. In manchen Ländern fiel die Rezession im Jahr 2020 deutlich stärker aus als die voraussichtliche Erholung im Jahr 2021. Zu dieser Ländergruppe gehören die großen westlichen EU-Mitgliedstaaten (u. a. Deutschland) sowie das Vereinigte Königreich. Auch Japan und Brasilien erreichen wirtschaftlich erst im Laufe des Jahres 2022 wieder das Vorkrisenniveau. Anderen Ländern – dazu gehören etwa die Schweiz, Polen, die USA und voraussichtlich Indien – gelingt dies bereits im Laufe des Jahres 2021. Südkorea und China kamen sogar ohne Rezession durch das Jahr 2020.
Unter dem Strich ist die vergleichsweise rasche wirtschaftliche Erholung dem Umstand geschuldet, dass die aktuelle Coronakrise – anders als etwa die Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/09 – nicht durch akute strukturelle Probleme in den Volkswirtschaften selbst verursacht wurde, sondern durch einen exogenen Schock. Die Weltwirtschaft wurde aus voller Fahrt in den Lockdown geschickt. Sofern die Pandemie nicht wieder aufflammt und die Lockerungen nachhaltig sind, dürfte die wirtschaftliche Erholung weltweit und in den einzelnen Ländern anhalten.
Die lange Frist - Wachstum in der Post-Globalisierung
Insgesamt legt die globale Wirtschaftsleistung zwischen 2020 und 2040 um zwei Drittel zu. Der größte Wachstumsbeitrag kommt dabei aus China. Die Volksrepublik ist im betrachteten Zeitraum für 31 Prozent des künftigen Wachstums verantwortlich. Die USA und die Länder der Europäischen Union leisten mit 18 bzw. 11 Prozent ebenfalls einen großen Wachstumsbeitrag. Auf Indien, das zweitgrößte Schwellenland, entfallen lediglich 7 Prozent.
Die USA wachsen im Vergleich zu den Ländern der Europäischen Union dynamischer. Dafür verantwortlich ist vor allem die günstigere demografische Entwicklung in den USA. Die Europäische Union muss sich künftig selbstbewusster positionieren, will sie zwischen den großen Rivalen China und den USA weiterhin eine bedeutende Rolle spielen.
Infolge der COVID-19-Pandemie wurden die globalen Liefer- und Produktionsketten im Jahr 2020 zum Teil unterbrochen, sodass der Welthandel noch stärker einbrach als die globale Wirtschaftsleistung. Im Ergebnis sank der globale Offenheitsgrad von 56 Prozent im Jahr 2019 auf 54 Prozent im Jahr 2020. Bereits kurzfristig sowie auch in der mittleren und langen Frist nimmt der globale Handel zwar wieder zu. Gleichwohl erwarten wir lediglich eine verhaltene Globalisierungsdynamik. Während der Offenheitsgrad in der Hochphase der wirtschaftlichen Globalisierung zwischen 1990 und 2000 um durchschnittlich 1,1 Prozentpunkte p. a. zunahm, ist im Prognosezeitraum bis 2040 lediglich eine Zunahme um durchschnittlich 0,2 Prozentpunkte p. a. zu beobachten. Es beginnt die Phase der Post-Globalisierung.
Spotlight Deutschland
Die Entwicklung in Deutschland bis 2022
Deutschland ist eine offene Volkswirtschaft mit enger Einbindung in globale Liefer- und Wertschöpfungsketten. Entsprechend deutlich fiel der wirtschaftliche Einbruch im Zuge der COVID-19-Pandemie im Jahr 2020 aus (-5,0 %). Mit 3,5 Prozent Wachstum im Jahr 2021 und 2,6 Prozent im Jahr 2022 wird Deutschland das Vorkrisenniveau aber nach drei Jahren wieder erreichen.
Besonders stark brach im Pandemiejahr 2020 der Außenhandel ein. Mit einem Rückgang von 9,8 Prozent gegenüber 2019 belasteten die Exporte die Konjunktur besonders. Auch die Importe brachen mit -8,5 Prozent in ähnlicher Größenordnung ein. Zudem waren der private Konsum (-5,9 %) und die Bruttoanlageinvestitionen (-3,5 %) im Lockdown rückläufig. Einzig der Staatskonsum legte – getrieben u. a. durch steigende Ausgaben im Gesundheitswesen – während der Krise zu (+3,4 %). In den Jahren 2021 und 2022 liegen die Wachstumsraten aller Komponenten wieder im positiven Bereich.
Am Arbeitsmarkt waren die Auswirkungen deutlich, aber angesichts der Tiefe der Rezession nicht dramatisch. Stützend wirkte vor allem die umfassende Nutzung von Kurzarbeit . Gleichwohl erhöhte die COVID-19-Pandemie die Arbeitslosigkeit um rund 500.000 Personen, in der Spitze der ersten Welle sogar um knapp 640.000 Personen. Grundsätzlich werden die Verwerfungen am Arbeitsmarkt noch anhalten. Bis alle Branchen wieder ihre vorherige Beschäftigung erreichen, dürfte es noch mehrere Jahre dauern. Gleichwohl ist der deutsche Arbeitsmarkt perspektivisch eher von Fachkräfteengpässen denn von Unterbeschäftigung geprägt.
Deutschland in der langen Frist
In der langen Frist wächst die deutsche Volkswirtschaft in einem moderaten Tempo. Zwischen 2019 und 2040 legt das BIP durchschnittlich um 1,1 Prozent p. a. zu. Das künftige Wachstum ist in besonderem Maße abhängig vom technischen Fortschritt. Dieser ist vereinfacht gesagt das Maß dafür, wie die Wertschöpfung gesteigert werden kann, ohne mehr Produktionsfaktoren einsetzen zu müssen. Da in Deutschland bereits sehr kapitalintensiv produziert wird und zudem die Arbeitskräfte demografisch bedingt immer knapper werden, ist technischer Fortschritt letztlich die entscheidende Quelle für Wachstum. Ohne technischen Fortschritt – der zunehmend von der Digitalisierung getrieben wird – würde die deutsche Volkswirtschaft in den kommenden Dekaden schrumpfen.