Länderfactsheets

China

Wirtschaftspolitik

Globaler Technologieführer bis 2025, klimaneutral bis 2060 – die politischen Ziele der kommunistischen Führung sind ambitioniert. Mit gezielter Industriepolitik und massiven Investitionen in Schlüsselindustrien wie Robotik, Informationstechnologien oder Medizingeräte baut Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping das Land zu einer stärker innovationsgetriebenen Volkswirtschaft um. Auch die Öffnung der chinesischen Finanzmärkte schreitet voran. Die rasante Wirtschaftsentwicklung der letzten Dekaden hat erhebliche Nebenwirkungen: Umweltverschmutzung, industrielle Überkapazitäten, hochverschuldete Zombiefirmen, eine Immobilienblase sowie die wachsende soziale Ungleichheit gerade zwischen Stadt- und Landbevölkerung stellen die chinesische Führung vor die Herausforderung, die bald größte Volkswirtschaft der Welt auf einen langfristig nachhaltigen Wachstumspfad zu führen.

Demografie und Arbeitsmarkt

Mit 1,4 Milliarden Einwohnern ist China derzeit das bevölkerungsreichste Land der Welt. 2027 wird es allerdings von Indien überholt werden, denn Chinas Bevölkerung schrumpft ab den 2030er-Jahren. Die jahrzehntelange, erst 2015 offiziell abgeschaffte Ein-Kind-Politik, veränderte Rollenbilder gut ausgebildeter Frauen und hohe Kosten für die Ausbildung der Kinder haben die Geburtenrate im Reich der Mitte auf 1,7 Kinder je Frau (2018) sinken lassen. In der Folge altert Chinas Bevölkerung schon heute rasant, mit steigendem Tempo: Knapp ein Viertel der Bevölkerung wird im Jahr 2040 älter als 64 Jahre sein (2019: 12 %). Dem Arbeitsmarkt werden dann rund 114 Millionen Menschen im erwerbsfähigen Alter weniger zur Verfügung stehen als heute. Migration aus dem Ausland spielt traditionell kaum eine Rolle, umso mehr die Binnenwanderung mit 290 Millionen Wanderarbeiter*innen, die überwiegend im informellen Sektor tätig sind. Chinas sinkendes Arbeitsvolumen dämpft die künftige Wirtschaftsentwicklung. Das liegt neben dem demografischen Wandel auch an den Arbeitszeiten, die ausgehend von einem heute vergleichsweise sehr hohen Stand mit wachsendem Wohlstand sinken.

Gesamtwirtschaftliche Entwicklung

Obwohl die COVID-19-Pandemie China als erstes Land weltweit zunächst stark getroffen hatte, schaffte es Peking, die Gesellschaft mit rigorosen Schutzmaßnahmen vor einer großflächigen Ausbreitung von COVID-19 zu schützen und die Wirtschaft noch im Pandemiejahr 2020 wieder auf Wachstumskurs zu bringen (+2,8 %). China kehrt darum bereits 2021 auf seinen eigentlichen Wachstumspfad zurück. Bis 2040 rechnen wir mit einem Zuwachs der Wirtschaftsleistung von durchschnittlich 3,9 Prozent pro Jahr. Damit bleibt das Land zentraler Motor der Weltwirtschaft, auch wenn zweistellige Zuwachsraten wie noch in den 2000er-Jahren nicht mehr erreicht werden. Das Wachstum schwächt sich in den nächsten zwei Dekaden weiter ab und wird ab Mitte der 2030er-Jahre unter der Drei-Prozent-Marke liegen.

Konsum, Investitionen und Außenbeitrag

Steigender Wohlstand und die wirtschaftspolitische Abkehr vom investitions- und exportgetriebenen Wachstumsmodell führen dazu, dass Chinas Wirtschaftswachstum künftig stärker vom Binnenkonsum getragen wird. Die wachsende Mittelschicht und die zunehmende Alterung der Gesellschaft kurbeln gerade den Konsum in den Bereichen Gesundheit und Freizeit an. Unseren Berechnungen zufolge ist der private Konsum bis 2040 mit einem Anteil von 50 Prozent der wichtigste Wachstumstreiber. Vom Staatskonsum und staatlichen Investitionen gehen ebenfalls starke Impulse aus. Denn für Chinas Transformation zu einer stärker innovationsgetriebenen Wirtschaft bedarf es weiterhin hoher Investitionen. Der Bauboom der vergangenen Jahre schwächt sich in unserer Prognose dagegen ab.

Wirtschaftsstruktur

Auch auf der Produktionsseite schreitet der Strukturwandel in China voran. Dienstleistungen werden etwa ab dem Jahr 2030 über die Hälfte zur Bruttowertschöpfung des Landes beitragen. Landwirtschaft, Bergbau und Industrie verlieren hingegen an relativer Bedeutung. Mit einem Anteil des produzierenden Gewerbes von rund 40 Prozent im Jahr 2040 wird sich Chinas sektorale Struktur langfristig weiterhin von der stärker dienstleistungsorientierten Struktur der Industrieländer unterscheiden.

Branchenentwicklung

Chinas industriepolitische Zielsetzung, die eine Abkehr von der Produktion arbeitsintensiver Konsumgüter hin zur Entwicklung und Herstellung hochwertiger Hightech-Produkte vorsieht, verändert, gepaart mit der voranschreitenden digitalen Transformation, die Branchenstruktur im Land. Während die Textil-, Papier- und Glasindustrie sowie die Wirtschaftsbereiche Metallerzeugung und Metallerzeugnisse an Bedeutung verlieren, gewinnen künftig vor allem die Wirtschaftszweige DV-Geräte, Elektronik, Optik sowie der Kraftwagenbau an Gewicht. Dort sind bis zum Jahr 2040 jahresdurchschnittliche Wachstumsraten der Bruttowertschöpfung von bis zu 4,6 Prozent zu erwarten. Gemessen an der Wertschöpfung insgesamt bleiben die Bereiche Nahrungsmittel, DV-Geräte, Elektronik, Optik und der Maschinenbau die größten Industriebranchen in China.

Produktivitäts- und Lohndynamik

Die chinesische Volkswirtschaft kann ihre Produktivität mit 5,0 Prozent p. a. im Zeitraum von 2020 bis 2040 erheblich steigern, wenngleich „nur“ noch mit einstelligen Wachstumsraten und langfristig sinkender Tendenz. Diese Produktivitätssteigerungen erlauben es China bis zum Jahr 2040, mit 110 Millionen Erwerbstätigen weniger als heute seine gesamtwirtschaftliche Produktion mehr als zu verdoppeln und trotz Nominallohnsteigerungen von jahresdurchschnittlich 6,8 Prozent kaum an preislicher Wettbewerbsfähigkeit einzubüßen. Für Chinas schrumpfende Erwerbsbevölkerung ergeben sich in den nächsten zwei Dekaden unter dem Strich deutliche Reallohnsteigerungen von 4,3 Prozent p. a.

Außenhandel

Chinas Führung hat im jüngsten Fünfjahresplan angekündigt, seine Importabhängigkeit reduzieren zu wollen. Angesichts des verstärkten Binnenkonsums entwickeln sich die Importe bis zum Jahr 2040 laut unserer Prognose mit 3,6 Prozent p. a. aber auch in Zukunft recht dynamisch. Seine Position als Exportweltmeister baut China, das bei der WTO den Status eines Entwicklungslands mit entsprechenden Sonderregelungen genießt, weiter aus und wird im Jahr 2040 rund 18 Prozent der weltweiten Exporte „stemmen“ (2020: 15 %). Trotz handelspolitischer Differenzen bleiben die USA Chinas mit Abstand größter Absatzmarkt. Deutschland belegt derzeit Rang sechs der wichtigsten Exportnationen und wird bis 2040 von Südkorea überholt, das gleichzeitig so viel nach China exportiert wie kein anderes Land. Import- wie exportseitig verliert die Europäische Union an Bedeutung für den chinesischen Außenhandel, denn das Reich der Mitte wendet sich verstärkt Schwellen- und Entwicklungsländern zu.

Institutionelle Rahmenbedingungen

China lockt mit seinem riesigen Binnenmarkt und steigender Innovationskraft. Vor allem die ungleichen Wettbewerbsbedingungen und mangelnde Transparenz bei behördlichen Entscheidungen erschweren ausländischen Unternehmen jedoch die Expansion vor Ort. Daran wird, abgesehen von Verbesserungen in einzelnen Branchen wie dem Fahrzeugbau, auch das zum Jahresende 2020 auf den Weg gebrachte Investitionsschutzabkommen zwischen der Europäischen Union und China wenig ändern.

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