Länderfactsheets

Südkorea

Wirtschaftspolitik

Die rasante Wirtschaftsentwicklung Südkoreas seit den 1950er-Jahren basiert u. a. auf hochqualifizierten Beschäftigten, hohen Forschungsausgaben, gezielter Industriepolitik zur Stärkung exportorientierter Industrien sowie mächtigen Unternehmenskonglomeraten (chaebols) wie Samsung, Hyundai oder LG, die eng mit der Politik verwoben sind. Dieses Wachstumsmodell stößt mittlerweile an seine Grenzen: Einen leistungsfähigen Mittelstand gibt es nicht, der Beschäftigungsaufbau stockt, der Leistungsdruck in der Arbeitswelt ist hoch, der Niedriglohnsektor groß. Gemäß dem „Korea New Deal“ will Staatspräsident Moon Jae-in verstärkt in Klimaschutz und Digitalisierung investieren, um ein nachhaltiges Wachstum zu schaffen.

Demografie und Arbeitsmarkt

Südkorea zählt zu den am dichtesten besiedelten Ländern der Welt. Gut 51 Millionen Menschen lebten im Jahr 2020 in Südkorea auf einer Fläche, die nur rund 50 Prozent größer ist als die Bayerns. Die Hälfte davon lebt im Großraum Seoul. Eine steigende Lebenserwartung und eine sinkende Geburtenrate – Südkorea weist eine der niedrigsten Geburtenraten weltweit auf – lassen künftig die Einwohnerzahl beinahe stagnieren und die Bevölkerung spürbar altern. Ein Drittel der Bevölkerung wird im Jahr 2040 mindestens 65 Jahre alt sein (2020: 16 %). Das ist ein höherer Anteil als in Deutschland. Der demografische Wandel lässt die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter um 1,3 Prozent p. a. deutlich schrumpfen. Um die leicht steigende Arbeitskräftenachfrage seitens der Wirtschaft bedienen zu können, muss langfristig das Erwerbspersonenpotenzial besser ausgeschöpft werden – u. a. mittels einer verringerten Erwerbslosenquote, eines weiteren Anstiegs der bereits heute überdurchschnittlichen Jahresarbeitszeiten und einer erhöhten Erwerbsquote von Frauen. Je nach Altersgruppe waren im Jahr 2020 etwa 25 bis 35 Prozent der Frauen nicht in den Arbeitsmarkt integriert.

Gesamtwirtschaftliche Entwicklung

Dank seiner erfolgreichen Politik zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie und hoher Investitionen in Zukunftstechnologien wie Halbleiter, autonomes Fahren, Batterieherstellung und erneuerbare Energien fielen die ökonomischen Einbußen in Südkorea im Corona-Jahr 2020 deutlich moderater aus als in den meisten anderen Ländern. Langfristig rechnen wir bis zum Jahr 2040 mit einem Zuwachs des BIP von durchschnittlich 2,0 Prozent pro Jahr. Das Wachstum nimmt im Zeitverlauf aber deutlich ab. Grund dafür ist vor allem die geringe gesamtwirtschaftliche Investitionsdynamik infolge des demografischen Wandels.

Konsum, Investitionen und Außenbeitrag

Die Investitionen tragen mit 15 Prozent in den nächsten 20 Jahren nur etwa halb so viel zur Steigerung der Wirtschaftsleistung bei wie in den zwei Dekaden zuvor. Damals bildeten hohe Investitionen in den privaten und öffentlichen Kapitalstock eine tragende Säule des Wachstumsmodells. Insbesondere Bauinvestitionen entwickeln sich bis 2040 nur schwach. Ähnlich bedeutsam wie die Investitionen ist der Staatskonsum. Der Außenbeitrag profitiert weiterhin von Südkoreas starker Exportorientierung und gibt auch künftig einen positiven Wachstumsimpuls. Der insgesamt größte Wachstumstreiber ist der private Konsum, begünstigt u. a. von zukünftigen Lohnsteigerungen.

Wirtschaftsstruktur

Südkorea hat sich seit Ende des Koreakriegs 1953 vom verarmten Agrarstaat zur modernen Industrienation entwickelt. Das Land verfügt über eine starke Industrie, die gemeinsam mit Bergbau, Wasser-, Energieversorgung und Baugewerbe 38 Prozent der Bruttowertschöpfung ausmacht. Der Anteil des Dienstleistungssektors fällt mit 60 Prozent geringer aus als in den meisten anderen Industrienationen. Bis zum Jahr 2040 erwarten wir im Zuge des Strukturwandels und damit z. B. der zunehmenden Verbindung klassischer Industrieprodukte mit Serviceleistungen einen Bedeutungszuwachs des tertiären (2040: 64 %) zulasten vor allem des sekundären Sektors (2040: 35 %). Die Landwirtschaft fällt gesamtwirtschaftlich kaum ins Gewicht.

Branchenentwicklung

Der Bereich DV-Geräte, Elektronik, Optik ist die mit Abstand wirtschaftsstärkste Industriebranche in Südkorea. Rund 9 Prozent der gesamtwirtschaftlichen Bruttowertschöpfung entfallen auf sie. Dazu zählt die Halbleitersparte, die in den letzten Jahren von einer boomenden Weltmarktnachfrage profitiert und ihre Kapazitäten massiv erweitert hat. Angesichts der geplanten Investitionen, etwa in große Produktionsanlagen für Speicherchips, sowie der globalen digitalen Transformation bleibt der Bereich DV-Geräte, Elektronik, Optik mit einer Wachstumsrate von 2,4 Prozent p. a. bis 2040 die wachstumsstärkste Industriebranche des Landes. Auch die Pharmabranche, der Kraftwagenbau und der sonstige Fahrzeugbau wachsen kräftig. Im Dienstleistungssektor entwickeln sich die unternehmensnahen Dienstleistungen und das Gastgewerbe am dynamischsten.

Produktivitäts- und Lohndynamik

Mit durchschnittlichen Zuwächsen von 2,0 Prozent pro Jahr bis zum Jahr 2040 legt die Stundenproduktivität im Hightech-Land Südkorea langfristig deutlich schneller zu als in anderen alternden Industrienationen wie Deutschland. Maßgeblich für diese Entwicklung sind weitere Effizienzsteigerungen in Südkoreas schon heute sehr leistungsfähigen Industriebranchen. Produktivitätssteigerungen und demografischer Wandel lassen die Nominallöhne steigen und fördern den privaten Konsum, treiben aber auch die Preise. Etwa ab 2030 liegen die jährlichen Inflationsraten über 2 Prozent. Über den Betrachtungszeitraum von 2020 bis 2040 erwarten wir ein Reallohnwachstum von 1,5 Prozent p. a.

Außenhandel

Die südkoreanische Volkswirtschaft ist exportorientiert. Demografischer Wandel, abflauendes Wachstum der Inlandsnachfrage und eine weiter steigende globale Nachfrage nach Südkoreas wichtigsten Exportgütern (u. a. elektronische Chips, Smartphones, Maschinen, Autos, Schiffe) kurbeln die Nettoexporte an. Über den gesamten Zeitraum bis 2040 weist Südkorea einen hohen Handelsbilanzüberschuss von rund 8 Prozent des BIP aus. China und die USA sind Südkoreas wichtigste Handelspartner. Während der Anteil der USA – ebenso wie der der europäischen Partner und Deutschlands – langfristig sinkt, baut Südkorea seine Beziehungen zu China leicht aus. Dazu trägt auch das Freihandelsabkommen RCEP bei, das Ende 2020 von China, Südkorea und zwölf weiteren Ländern des Asien-Pazifik-Raums unterzeichnet wurde. Im Jahr 2040 werden 36 Prozent der südkoreanischen Exporte und 24 Prozent seiner Importe auf die dann größte Volkswirtschaft der Welt entfallen. Deutschland schafft es importseitig unter die Top 5 Handelspartner Südkoreas, exportseitig lediglich unter die Top 10.

Institutionelle Rahmenbedingungen

Südkorea bietet gute institutionelle Rahmenbedingungen mit einer leistungsfähigen Verkehrs-, Bildungs- und digitalen Infrastruktur, erheblicher Innovationskraft und diversen Freihandelsabkommen, auch mit der Europäischen Union. Schwierigkeiten bereiten der intensive Wettbewerb, aufwändige Genehmigungsverfahren für die Niederlassung ausländischer Unternehmen, der wirtschaftliche und politische Einfluss der großen Unternehmenskonglomerate und ein starrer Arbeitsmarkt.

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