Branchenbilder

Kraftwagenbau

Die Branche heute

Gemessen an der Wertschöpfung ist der Kraftwagenbau die wichtigste Industriebranche in Deutschland. Im Jahr 2019 waren über 900.000 Erwerbstätige und damit 2 Prozent aller deutschen Erwerbstätigen in dem Wirtschaftszweig beschäftigt. Zudem sorgt die Branche in vorgelagerten Unternehmen aus anderen Industrie- und Dienstleistungsbranchen in erheblichem Maße für Beschäftigung und Wertschöpfung. Im vergangenen Jahrzehnt entwickelte sich die Branche äußerst dynamisch. Das Wachstum der Bruttowertschöpfung fiel im Zeitraum von 2010 bis 2019 mit jährlich durchschnittlich 4,9 Prozent wesentlich stärker aus als im verarbeitenden Gewerbe insgesamt (2,1 % p. a.). Auch die Erwerbstätigenzahlen entwickelten sich überdurchschnittlich. Der Kraftwagenbau zeichnet sich darüber hinaus durch seine Forschungsstärke aus. So entfielen im Jahr 2018 rund 38 Prozent aller Investitionen, die insgesamt von der deutschen Wirtschaft in FuE getätigt wurden, auf den Kraftwagenbau – mehr als in jeder anderen Branche.

Die wichtigsten Auslandsmärkte

Die Branche erwirtschaftet über 65 Prozent ihres Umsatzes im Ausland – das ist weit mehr als der Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes. Der Exportanteil des Kraftwagenbaus legte allerdings in den vergangenen Jahren langsamer zu als in der Industrie insgesamt. Grund dafür ist u. a., dass deutsche Kraftwagenhersteller die Produktion vermehrt in die großen Auslandsmärkte verlagern. Für den Außenhandel ist die Europäische Union der wichtigste Markt, 44 Prozent aller Exporte der Branche gehen in EU-Länder. Gleichzeitig liegen die drei wichtigsten Einzelabsatzmärkte außerhalb des EU-Binnenmarktes. Neben den USA sind China und das Vereinigte Königreich zentrale Exportmärkte. Dabei ist der Anteil der Exporte in die USA rückläufig. Im Zeitraum 2015 bis 2019 schrumpfte er von 13 auf 12 Prozent. Im gleichen Zeitraum wuchs der Anteil Chinas an den Exporten des deutschen Kraftwagenbaus von 9 auf 11 Prozent.

Die Wettbewerbssituation

Der Kraftwagenbau ist stark internationalisiert, Deutschland ist einer der Hauptproduzenten. Nur in China, den USA und Japan werden mehr Autos als hier produziert. Deutschland konnte sich insbesondere aufgrund einer sehr starken Position auf dem europäischen Markt bislang als weltweit wichtigster Kraftwagen-Exporteur behaupten.

Die zunehmende Digitalisierung stärkt die Bedeutung der Verwendung von Software in den Fahrzeugen enorm, sodass neue Wettbewerber aus dem Softwarebereich erwachsen können. Bspw. ist Apple immer wieder in Gesprächen mit Herstellern, um gemeinsam Autos zu entwickeln. Bisher haben sich daraus aber keine Projekte ergeben. Heute hat der US-amerikanische Hersteller Tesla bei der Integration von Software in Kraftfahrzeuge einen Vorsprung vor deutschen Unternehmen. Diese haben daher die Entwicklung eigener Software verschärft in den Blick genommen.

Der deutsche Kraftwagenbau steht in großem Wettbewerb mit US-amerikanischen und chinesischen Unternehmen um die Entwicklung neuer Antriebstechnologien. Auf diesem Gebiet können bereits Erfolge vorgezeigt werden: Im Jahr 2020 stammten mit VW, Daimler und BMW bereits drei der sechs weltweit größten Hersteller von Elektroautos und Plug-in-Hybriden aus Deutschland. Mit Tesla stammte der größte Hersteller aus den USA, die Plätze drei und fünf nahmen die chinesischen Hersteller SAIC und BYD ein. Tesla hat derzeit in der Batteriefertigung einen technologischen Vorsprung vor deutschen Autobauern. Auch aus China ist in Zukunft stärkere Konkurrenz zu erwarten.

Die wichtigsten Zukunftstrends

Die beiden zentralen Zukunftstrends im Kraftwagenbau sind der Bedeutungsgewinn von alternativen Antriebstechnologien und die Digitalisierung von Fahrzeugen und Geschäftsmodellen. Auch die Verwendung neuer Materialien wird relevanter.

Der Verkehr ist für fast ein Fünftel der deutschen CO2-Emissionen verantwortlich. Damit die Klimaziele der Bundesregierung eingehalten werden können, wurden Emissionsziele für Fahrzeugflotten von Kraftwagenherstellern eingeführt. Ein zentrales Zukunftsthema des deutschen Kraftwagenbaus ist vor diesem Hintergrund die Entwicklung neuer, „grüner“ Antriebstechnologien, insbesondere von batterieelektrisch betriebenen Fahrzeugen.

Die deutschen Autobauer stellen sich auf die stark wachsende Nachfrage nach Elektroautos ein und rüsten ihre Produktion um. So stellt etwa BMW ab dem Jahr 2024 in Deutschland keine Verbrennungsmotoren mehr her. Es wird erwartet, dass der Markt für Elektromobilität in den kommenden Jahren stark wächst. Der Bestand von mit Wasserstoff betriebenen Autos wird dagegen in absehbarer Zeit gering bleiben. Grund dafür ist, neben Nachteilen bezüglich der Kosten und des Wirkungsgrads im Vergleich zu batterieelektrischen Antrieben, eine nur lückenhaft ausgebaute Infrastruktur. Größeres Potenzial entfaltet diese Antriebstechnologie im Bereich Nutzfahrzeuge.

Der zweite große Trend im Kraftwagenbau ist die Digitalisierung. Die wichtigste Entwicklung in der Digitalisierung von Kraftfahrzeugen ist die zunehmende Automatisierung von Fahrprozessen. Einzelne Unternehmen planen, in Kürze Kraftwagen anzubieten, mit denen etwa das automatisierte Fahren auf der Autobahn möglich wird. Die zunehmende Vernetzung der Fahrzeuge erlaubt etwa eine Steuerung einzelner Elemente über Smartphones oder die Einbindung von Kraftfahrzeugen in Verkehrsmanagement­systeme wie intelligente Parksysteme. Zusätzlich werden so die Voraussetzungen für neue Geschäftsmodelle im Bereich des Carsharings geschaffen. Dabei steht nicht mehr der private Besitz von Fahrzeugen, sondern Mobilität als Dienstleistung im Mittelpunkt des Angebots. Das Angebot beschränkt sich gegenwärtig in erster Linie auf Städte, in denen die hohe Bevölkerungsdichte einen ausreichend hohen Umsatz ermöglicht.

Der Leichtbau mit neuen Materialien ist eine wesentliche Stellschraube, um den Kraftstoffverbrauch von Kraftfahrzeugen spürbar zu senken und so ihre Reichweite zu erhöhen. Häufig eingesetzte Leichtbaustoffe sind Aluminium und hochfester Stahl. Auch Verbundkunststoffe und Magnesium werden wichtiger im Fahrzeugbau. Aus Nachhaltigkeits- und Kostengründen bemühen sich die Fahrzeughersteller, mithilfe neuer Materialien die Recyclingfähigkeit der Fahrzeuge zu erhöhen.

Die Zukunft der Branche in Zahlen

Die erwähnten Transformationen im Kraftwagenbau führen zu einem hohen Maß an Unsicherheit hinsichtlich der Prognosen der künftigen Entwicklung der Branche. Bestehende Trends deuten aber darauf hin, dass die deutsche Branche diesen Veränderungsprozess erfolgreich vollziehen wird. Damit bleibt sie auch in Zukunft mit neuen Angeboten wettbewerbsfähig. Die Wertschöpfung im deutschen Kraftwagenbau wächst daher in den kommenden Jahren überdurchschnittlich, wenn auch deutlich langsamer als in der zurückliegenden Dekade: Im Zeitraum 2019 bis 2040 nimmt sie unseren Prognosen zufolge um durchschnittlich 1,5 Prozent p. a. zu. Damit liegt sie pro Jahr durchschnittlich um 0,4 Prozentpunkte über der mittleren Entwicklung im deutschen verarbeitenden Gewerbe. Gleichzeitig sinkt die Erwerbstätigkeit im Kraftwagenbau im betrachteten Zeitraum um durchschnittlich 0,8 Prozent p. a. und damit stärker als im Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes. Gemessen an der Wertschöpfung wird der Kraftwagenbau auch im Jahr 2040 die größte deutsche Industriebranche sein.

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