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Mexiko

Wirtschaftspolitik

Die Wirtschaftsentwicklung des bevölkerungsreichen Schwellenlands ist eng verknüpft mit seinen Ölvorkommen und den Wirtschaftsverflechtungen zum großen Nachbarn USA. Seit den 1980er-Jahren hat sich Mexiko zunehmend für Handel und ausländische Investitionen geöffnet, seit einigen Jahren auch in den Bereichen Energie und Telekommunikation. Doch der Wirtschaftsaufschwung kommt nicht in der Breite der Bevölkerung an. Armut, Drogenkrieg und Kriminalität prägen weite Teile des Landes. Seit 2018 leitet der sozialdemokratische Staatspräsident Andrés Manuel López Obrador die Regierung. Seine wirtschaftspolitischen Kernthemen sind Armuts- und Korruptionsbekämpfung, Infrastrukturinvestitionen und die Beendigung der von der Vorgängerregierung auf den Weg gebrachten Liberalisierung des Energiesektors.

Demografie und Arbeitsmarkt

Die Bevölkerung Mexikos wächst. Lebten dort im Jahr 2020 rund 129 Millionen Menschen, werden es im Jahr 2040 bereits 150 Millionen Menschen sein. Die demografische Struktur bleibt langfristig günstig: Zwei Drittel der Bevölkerung werden im Jahr 2040 im erwerbsfähigen Alter sein, der Jugendquotient (30 %) wird weiterhin den Altenquotienten (21 %) übersteigen. Die Gruppe der über 64-Jährigen wird jedoch größer. Die demografische und die ökonomische Entwicklung spiegelt sich bis zum Jahr 2040 in einem stetigen Beschäftigungsaufbau wider. Kurzfristig hat die COVID-19-Pandemie diese Dynamik allerdings gestoppt und die Zahl der registrierten Erwerbslosen fast verdoppelt. Die Rückführung der Arbeitslosigkeit auf das Vorkrisenniveau ist langfristig herausfordernd – trotz steigender Nachfrage nach Arbeitskräften. Zudem gibt es in Mexiko einen sehr großen informellen Sektors, in dem laut IWF bis zu 60 Prozent der Erwerbsbevölkerung beschäftigt sind.

Gesamtwirtschaftliche Entwicklung

Die COVID-19-Pandemie hat Mexiko in einer ungünstigen konjunkturellen Lage getroffen. Bereits 2019 schrumpfte die Wirtschaftsleistung leicht (-0,3 %), weil der Staatskonsum infolge geringerer Öleinnahmen rückläufig war und private Investitionen im Zuge wirtschafts- und handelspolitischer Unsicherheiten zurückgehalten wurden. Im Jahr 2020 brach das BIP aufgrund der Krise um 8,6 Prozent ein. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern hat die Regierung kaum konjunkturstützende Maßnahmen für Unternehmen ergriffen. Dies und die mangelnde wirtschaftspolitische Berechenbarkeit bremsen trotz verbesserter Exportmöglichkeiten durch den neuen Handelsvertrag USMCA mit den USA und Kanada die wirtschaftliche Erholung. Mexikos langfristige Entwicklung wird vom Bevölkerungswachstum und von einem industriellen Aufholprozess getrieben. Über den Betrachtungszeitraum von 2020 bis 2040 rechnen wir mit einem spürbaren Zuwachs der Wirtschaftsleistung von 2,5 Prozent p. a. und einem BIP-Zuwachs je Einwohner von 1,8 Prozent p. a.

Konsum, Investitionen und Außenbeitrag

Vor allem steigende Einkommen einer wachsenden Zahl an Konsument*innen, aber auch der Ausbau des mexikanischen Kapitalstocks fördern die langfristige Wirtschaftsentwicklung. Fast zwei Drittel des Wirtschaftswachstums bis 2040 entfallen auf den privaten Konsum, der derzeit noch wesentlich von Geldüberweisungen mexikanischer Arbeitsmigrant*innen in den USA unterstützt wird. Mit 3,5 Prozent p. a. wachsen die Investitionen bis zum Jahr 2040 sehr dynamisch und tragen knapp ein Drittel zum gesamten Wirtschaftswachstum bei. Diese hohe Dynamik resultiert u. a. aus der Überwindung der Investitionszurückhaltung der Vorjahre, den geplanten Investitionen in Infrastruktur und Tourismus sowie Mexikos starker Einbindung in globale Lieferketten. Der Staatskonsum trägt ebenfalls im geringen Umfang zum Wirtschaftswachstum bei. Der Außenbeitrag ist hingegen in der langen Frist negativ.

Wirtschaftsstruktur

Mit einem Bruttowertschöpfungsanteil des Dienstleistungsbereichs von zwei Dritteln hat Mexiko einen größeren tertiären Sektor als manche Industrienation z. B. in Mittelosteuropa. Mexiko besitzt zudem eine exportorientierte, produktive Landwirtschaft und eine starke Industrie: 30 Prozent der Bruttowertschöpfung entfielen im Jahr 2020 auf das produzierende Gewerbe (inkl. Bau). Trotz Zuwachsraten von 2,3 Prozent p. a. bis 2040 sinkt der Anteil des sekundären Sektors langfristig leicht zugunsten der Dienstleistungen.

Branchenentwicklung

Mexiko hat es geschafft, seine hohe Abhängigkeit von Öl und Gas zu reduzieren. Auf den Bergbau entfielen im Jahr 2020 nur noch 3 Prozent der Bruttowertschöpfung – mit sinkender Tendenz. Neben einer großen Nahrungsmittelindustrie ist heute die Produktion von Fertig- und Halbfertigwaren ein wichtiges Standbein der mexikanischen Volkswirtschaft. Ein nennenswerter Teil dieser Waren – gerade im Automobilbau, in dem auch deutsche Hersteller produzieren – geht als Export in die USA. Bis zum Jahr 2040 erwarten wir für Mexikos Kraftwagenbau einen deutlichen Anstieg der Bruttowertschöpfung von 2,9 Prozent p. a. Allerdings bleibt abzuwarten, wie sich das USMCA, das verschärfte Ursprungsregeln für zollfreien Warenhandel in der Automobilindustrie vorsieht, auf die Branche auswirkt. Die stärkste Wachstumsdynamik erreichen langfristig Dienstleistungsbranchen wie IKT oder die unternehmensnahen Dienstleistungen.

Produktivitäts- und Lohndynamik

Anders als die meisten übrigen Schwellenländer hat Mexiko seit der Jahrtausendwende kaum Produktivitätsfortschritte erzielen können. Grund dafür sind u. a. ein schlechtes Investitionsklima und ein ineffizienter Energiesektor. Wir erwarten, dass bis 2040 Investitionen nachgeholt werden und ein leichtes Produktivitätswachstum von 1,1 Prozent p. a. erreicht wird. Bei Inflationsraten zwischen 2 und 4 Prozent pro Jahr rechnen wir für die Beschäftigten mit jahresdurchschnittlichen Reallohnsteigerungen um 1,2 Prozent.

Außenhandel

Mexiko ist stark in internationale Wertschöpfungsketten eingebunden. Importe und Exporte machten im Jahr 2020 zusammen 78 Prozent in Relation zur Wirtschaftsleistung aus. Der Offenheitsgrad steigt bis 2040 weiter auf 99 Prozent. Zum einen fördern das Freihandelsabkommen USMCA, eine verlässlichere US-Handelspolitik, eine erhöhte Währungsstabilität, die steigende Nachfrage aus den USA und der Ausbau der industriellen Basis die Exporte. Zum anderen erhöhen steigender Wohlstand und veränderte Produktionsprozesse die Importe. Mit einem Anteil der Exporte von 62 Prozent und der Importe von 44 Prozent (im Jahr 2020) hängt Mexiko stark vom US-Markt ab. Während diese Importabhängigkeit langfristig bestehen bleibt, erwarten wir exportseitig bis zum Jahr 2040 einen leichten Bedeutungsverlust des weiterhin größten Exportmarkts USA (58 %) im Zuge einer stärkeren Ausrichtung auf große Schwellenländer.

Institutionelle Rahmenbedingungen

Mit seinem großen Binnenmarkt, gut ausgebildeten Fachkräften und der geografisch günstigen Lage zwischen Nord- und Südamerika bietet Mexiko ausländischen Unternehmen attraktive Standortbedingungen. Als Mitglied von zwölf Freihandelsabkommen ermöglicht es zollfreien Zugang zu 65 Volkswirtschaften, darunter die USA, Japan und die EU-Länder. Schattenwirtschaft, Korruption und Kriminalität trüben das Geschäfts- und Investitionsklima allerdings. Kritisch sehen viele Investoren zudem die erratischen und teils wenig wirtschaftsfreundlichen Entscheidungen Obradors, etwa in der Energie- und Verkehrspolitik.

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