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Indonesien

Wirtschaftspolitik

Indonesien ist das größte Schwellenland Südostasiens und einziges G20-Mitglied dieser Region. Der mehrheitlich muslimisch geprägte Inselstaat ist reich an Rohstoffen und mit touristischen Hotspots wie Bali ein beliebtes Reiseziel. Der seit 2014 amtierende Präsident Joko Widodo versucht, das Land attraktiver zu machen für ausländische Investoren, die sich bislang wegen besserer Investitionsbedingungen oft für andere Standorte wie Thailand entscheiden. Mit ihrem neuen Arbeitsmarktgesetz löste die Regierung im Herbst 2020 landesweite Proteste aus. Es sieht zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit u. a. einen gelockerten Kündigungsschutz vor.

Demografie und Arbeitsmarkt

Indonesiens Bevölkerung ist groß, jung und sie wächst. Mit einer Einwohnerzahl von 274 Millionen belegt Indonesien im Ranking der bevölkerungsreichsten Länder derzeit den vierten Platz. Bis zum Jahr 2040 erwarten wir ein Bevölkerungswachstum um rund 45 Millionen Menschen, was der heutigen Einwohnerzahl Spaniens entspricht. Die anhaltend steigende Lebenserwartung bei gleichzeitig sinkender Geburtenrate verschiebt die Altersstruktur leicht in Richtung der älteren Bevölkerungsgruppen. Auch im Jahr 2040 wird der Jugendquotient (32 %) aber noch deutlich über dem Altenquotienten (19 %) liegen. Die Personengruppe im erwerbsfähigen Alter wächst ebenfalls – von 185 Millionen Menschen im Jahr 2020 auf 211 Millionen Menschen im Jahr 2040. Entsprechend viele Indonesier*innen drängen in den kommenden Jahren auf den Arbeitsmarkt. Der Beschäftigungsaufbau auf dem formalen Arbeitsmarkt wird voraussichtlich nicht reichen, um die steigende Nachfrage nach Jobs zu bedienen. Schon heute überdeckt Indonesiens offiziell niedrige Erwerbslosenquote von 3,9 Prozent im Jahr 2020 das tatsächliche Ausmaß von Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung. Schätzungsweise 60 Prozent der Arbeitskräfte sind im informellen Sektor tätig.

Gesamtwirtschaftliche Entwicklung

Das Bevölkerungswachstum und der Ausbau des Kapitalstocks haben Indonesiens Wirtschaft seit der Jahrtausendwende einen deutlichen Schub verliehen mit jährlichen Wachstumsraten zwischen 5 und 6 Prozent. Mit einer derart hohen Wachstumsdynamik ist künftig nicht mehr zu rechnen. Denn zum einen flacht sich das Wachstum bei steigenden Einkommen üblicherweise ab. Zum anderen ist die gesamtwirtschaftliche Investitionstätigkeit in Indonesien für ein nachhaltiges Wachstum auf höherem Niveau zu wenig. Wir rechnen bis zum Jahr 2040 mit immer noch dynamischen, aber stetig sinkenden Zuwachsraten zwischen 4 und 3 Prozent. Geringer als das BIP-Wachstum von 3,6 Prozent p. a. im Zeitraum von 2020 bis 2040 fällt wegen des anhaltenden Bevölkerungswachstums der Anstieg des Pro-Kopf-Einkommens mit 2,8 Prozent p. a. aus. Die COVID-19-Pandemie hat den Inselstaat gesamtwirtschaftlich weniger getroffen als viele andere Länder. Gleichwohl wurde im Jahr 2020 in nennenswertem Umfang Kapital aus dem Ausland abgezogen und der Tourismus ist eingebrochen.

Konsum, Investitionen und Außenbeitrag

Mit wachsender Einwohnerzahl und steigenden Durchschnittseinkommen entfallen auf den Konsum privater Haushalte in Indonesien in den nächsten 20 Jahren knapp zwei Drittel des Wirtschaftswachstums. Kein Verwendungsaggregat legt bis zum Jahr 2040 so stark zu wie der private Konsum mit 3,9 Prozent im Jahresdurchschnitt. Staatskonsum, Investitionen und Außenbeitrag tragen ebenfalls zur langfristigen Wirtschaftsentwicklung bei. Der Modernisierungsbedarf der indonesischen Infrastruktur und Industrie ist hoch, kann laut unserer Prognose bis zum Jahr 2040 allerdings nur in Teilen gedeckt werden. Denn es sind gerade die Investitionen in Ausrüstung ebenso wie in Gebäude, die künftig weiter an Dynamik verlieren. Insgesamt erwarten wir über den Betrachtungszeitraum bis 2040 einen Anstieg der Investitionen um 2,7 Prozent im Jahresdurchschnitt.

Wirtschaftsstruktur

Indonesien ist ein Schwellenland. Der Dienstleistungssektor ist mit 46 Prozent der Bruttowertschöpfung im Jahr 2020 kaum größer als der sekundäre Sektor (40 %) und legt langfristig leicht an Gewicht zu. Im Gegensatz zu anderen ASEAN-Ländern ist es Indonesien bislang kaum gelungen, eine exportorientierte Konsumgüterindustrie anzusiedeln, die anhaltende Impulse zur Industrialisierung liefert. Der Industrieanteil ist seit Mitte der 2000er-Jahre sogar gesunken und bleibt in den nächsten 20 Jahren in etwa stabil. Die Landwirtschaft wird mit einem Bruttowertschöpfungsanteil von 14 Prozent im Jahr 2040 ein wichtiger Wirtschaftsfaktor bleiben.

Branchenentwicklung

Die indonesische Volkswirtschaft hängt noch immer stark von seinen Rohstoffen ab: Agrarsektor und Bergbau sind von großer Bedeutung für die Bruttowertschöpfung und den Arbeitsmarkt. So beschäftigte die Landwirtschaft im Jahr 2020 rund 30 Prozent der Erwerbstätigen. Die Industrie des größten ASEAN-Staats besteht überwiegend aus Branchen mit geringer Wertschöpfung wie der Nahrungsmittel- oder der wenig wettbewerbsfähigen Textilindustrie. Maschinen für die industrielle Fertigung werden in der Regel importiert. Mit den stärksten Zuwächse an Bruttowertschöpfung bis zum Jahr 2040 rechnen wir in Landwirtschaft, Handel und Gastgewerbe.

Produktivitäts- und Lohndynamik

Gefördert von privaten und staatlichen Investitionen in Infrastruktur und Anlagen erwarten wir über den gesamten Prognosezeitraum einen spürbaren Anstieg der Stundenproduktivität um 3,2 Prozent p. a. Damit übertrifft Indonesien die künftige Produktivitätsdynamik in Industrienationen wie Deutschland (1,3 % p. a.), bleibt aber hinter der anderer südostasiatischer Schwellenländer wie Vietnam (4,4 % p. a.) zurück. Produktivitätszuwächse kurbeln die Nominallöhne an, gleichzeitig aber – vor allem in den 2030er-Jahren – auch die Inflation. Bis zum Jahr 2040 gehen wir von Preissteigerungen um 3,3 Prozent p. a. aus. Die Reallöhne steigen deutlich, verlieren im Zeitverlauf jedoch an Dynamik bis auf knapp 4 Prozent p. a. Ende der 2030er-Jahre.

Außenhandel

Mit einem Anteil des Außenhandels von 38 Prozent im Jahr 2020 war und ist Indonesien gemessen an seiner Wirtschaftsleistung deutlich weniger in globale Handelsströme eingebunden als etwa Thailand (118 %) oder Vietnam (227 %). Das liegt u. a. daran, dass es Indonesien in geringerem Maße als etwa Vietnam geschafft hat, ausländische Direktinvestitionen in die Industrie anzureizen und damit die Exportindustrie nachhaltig zu fördern. Der Inselstaat exportiert vor allem natürliche Rohstoffe wie Steinkohle, Agrarprodukte wie Palmöl und Bekleidung. Wir erwarten, dass der Außenhandel etwas an Fahrt gewinnt mit einem Anstieg der Exporte um 4,5 Prozent p. a. und der Importe um 4,3 Prozent p. a. im Zeitraum von 2020 bis 2040. Indonesien profitiert dabei vom zunehmenden Lohnstückkosten-Gefälle zu konkurrierenden Standorten wie Vietnam oder Malaysia, wenngleich die globale Abkehr von fossilen Brennstoffen die Weltmarktnachfrage nach Indonesiens Rohstoffen dämpft. Abgesehen von den USA handelt Indonesien überwiegend mit regionalen Partnern in China, Japan, Singapur und Thailand, die ebenfalls der im Herbst 2020 gegründeten, weltweit größten Freihandelszone RCEP angehören.

Institutionelle Rahmenbedingungen

Ein niedriges Bildungsniveau, eine unzureichende Verkehrs- und Energieinfrastruktur sowie die im regionalen Vergleich wenig investitionsfreundlichen Rahmenbedingungen (starres Arbeitsrecht, Bevorzugung heimischer Investoren etc.) schrecken ausländische Unternehmen ab. Jüngste Maßnahmen wie Steuererleichterungen und die Flexibilisierung des Arbeitsmarkts sollen ausländisches Kapital „anlocken".

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