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Iran

Wirtschaftspolitik

Iran ist der bevölkerungsreichste aller Golfstaaten und laut Verfassung eine islamische Republik. Nach zwei Amtszeiten wird Präsident Hassan Ruhani bei den für Juni 2021 geplanten Wahlen nicht mehr antreten können. Die COVID-19-Pandemie sowie Irans hohe Abhängigkeit vom Ölgeschäft gepaart mit Korruption, Inflation, Arbeitslosigkeit und den US-Sanktionen belasten die Wirtschaft schwer. Aus Unzufriedenheit mit der politischen und wirtschaftlichen Lage kam es 2018/19 zu landesweiten Protesten. US-Präsident Joe Biden will das Atomabkommen mit dem Iran erneuern, das sein Vorgänger Donald Trump im Jahr 2018 gekündigt hatte.

Demografie und Arbeitsmarkt

Mit 84 Millionen Menschen ist die iranische Bevölkerung heute ähnlich groß wie die deutsche, wird anders als in der Bundesrepublik in den nächsten 20 Jahren aber merklich auf 99 Millionen Menschen wachsen. Trotz steigender Lebenserwartung und einer sinkenden Geburtenrate wird die demografische Struktur mit einem Altenquotienten von 20 Prozent im Jahr 2040 günstig bleiben. Doch für die wachsende Zahl an meist gut ausgebildeten Erwerbspersonen gibt es schon heute nicht genügend Jobs. Arbeitslosigkeit ist gerade unter den Jüngeren weit verbreitet und die offizielle Erwerbsquote ist mit 45 Prozent (2020) niedrig, weil viele Menschen im informellen Sektor tätig sind. Noch niedriger ist die Erwerbsbeteiligung von Frauen (2019: 18 %). Die langfristig steigende Nachfrage nach Arbeitskräften kann nur einen Teil des informellen in den formellen Arbeitsmarkt integrieren und die hohe Erwerbslosenquote nur bedingt reduzieren (2040: 7,5 %).

Gesamtwirtschaftliche Entwicklung

Vor allem aufgrund der US-Sanktionen steckte Iran bereits vor der COVID-19-Pandemie in einer schweren Rezession. Seit dem Jahr 2018 schrumpft das BIP Jahr für Jahr. Laut unserer Prognose überwindet Iran den wirtschaftlichen Abschwung erst ab dem Jahr 2022. In der zweiten Hälfte der 2020er-Jahre erwarten wir dann einen starken Aufholprozess mit Zuwachsraten zwischen 4 und 5 Prozent p. a., bevor sich die Wachstumsdynamik in den 2030er-Jahren auf gut 2 Prozent p. a. abflacht. Im gesamten Betrachtungszeitraum von 2020 bis 2040 steigt das durchschnittliche Einkommen je Einwohner damit um 2,2 Prozent p. a.

Konsum, Investitionen und Außenbeitrag

Der Konsum der wachsenden und zunehmend kaufkräftigeren Bevölkerung trägt bis 2040 knapp zwei Drittel des Wirtschaftswachstums. Immer wichtiger für die langfristige Entwicklung werden die Investitionen. Der Investitionsbedarf in Infrastruktur und Industrie ist enorm, gerade abseits der Öl- und Gasindustrie. Weil Iran auf Ausrüstung aus dem Ausland angewiesen ist, haben Sanktionen und Währungsabwertungen zudem zu einer Überalterung der Produktionsmittel geführt. Mit der Normalisierung der Beziehungen zu den USA und damit einer generellen Stärkung des Investitionsklimas erwarten wir einen Investitionsschub von 4,5 Prozent p. a. bis 2040. Der Außenbeitrag fördert das Wachstum künftig nicht mehr, sondern schwächt es leicht, denn mit der Binnennachfrage steigen die Importe. Gleichzeitig dämpfen globale Anstrengungen für Klimaschutz und Energieeffizienz die Dynamik der Ölexporte.

Wirtschaftsstruktur

Das produzierende Gewerbe, das neben Industrie, Baugewerbe, Wasser- und Energieversorgung auch die Rohstoffindustrie einschließt, hat mit einem Bruttowertschöpfungsanteil von 39 Prozent (2020) großes Gewicht im Golfstaat. Dieser Anteil sinkt im Zuge der voranschreitenden weltweiten Abkehr von fossilen Rohstoffen laut unseren Berechnungen langfristig auf 35 Prozent im Jahr 2040 zugunsten der Dienstleistungen, die dann 54 Prozent der Wirtschaftsleistung generieren werden. Die Landwirtschaft wird mit einem Anteil von 11 Prozent (2040) weiterhin eine wichtige Rolle spielen, gerade für die Beschäftigung im Land, das von einem starken Stadt-Land-Gefälle geprägt ist. Insgesamt wird sich die Wirtschaftsstruktur im Iran auch im Jahr 2040 noch deutlich von der Struktur der dienstleistungsorientierten Industrieländer unterscheiden.

Branchenentwicklung

Die Rohstoffindustrie ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor im Iran, der die weltweit viertgrößten Ölvorkommen besitzt. Doch obwohl der globale Energiebedarf steigt und die Ölförderung im Iran auch bei sehr niedrigen Ölpreisen noch profitabel ist, verlieren Öl, Gas und Petrochemie langfristig an wirtschaftlicher Bedeutung. Irans Industrie gilt insgesamt als diversifiziert, aber technisch rückständig. So verfügt die Volkswirtschaft u. a. über eine exportstarke Nahrungsmittel- und Metallindustrie, deren Anlagen mit der Unterstützung ausländischer Partner künftig modernisiert werden sollen. In der Industrie sowie im Baugewerbe rechnen wir bis zum Jahr 2040 mit überdurchschnittlichen Zuwächsen der Bruttowertschöpfung von jeweils 4,2 Prozent p. a.  

Produktivitäts- und Lohndynamik

Sanktionen, ein niedriger Ölpreis und die schlechte Wirtschaftslage des Landes haben in den letzten Jahren zu einer starken Abwertung des Rial geführt und die Preise in die Höhe getrieben. Allein 2020 stiegen die Preise um 28 Prozent. Die hohe Abhängigkeit der Währung von den Rohstoffmärkten bei gleichzeitig hoher Importabhängigkeit der Realwirtschaft bleibt eine Herausforderung. Deeskalation in den US-amerikanischen-iranischen Handelsbeziehungen, wirtschaftliche Erholung und die langfristige Stärkung nichtrohstoffbasierter Wirtschaftszweige reduzieren die Preissteigerungen. Wir erwarten langfristig kontinuierlich sinkende Inflationsraten, die sich laut unserer Prognose im Zeitraum von 2020 bis 2040 auf jahresdurchschnittlich 9,6 Prozent belaufen. Die Inflation treibt die Nominallöhne nach oben. Sie steigen mit 15 Prozent p. a. bis zum Jahr 2040 erheblich und werden die für ein Schwellenland relativ moderaten Produktivitätssteigerungen von 1,8 Prozent p. a. bei Weitem übertreffen.

Außenhandel

Rohöl dominiert den Export. Aufgrund der US-amerikanischen Strafmaßnahmen sind die Exporte von Öl ebenso wie z. B. von Erzen und Agrarprodukten wie Pistazien seit dem Jahr 2018 massiv eingebrochen. Gleiches gilt für die Importe. Der iranische Außenhandel leidet stark unter den US-Sanktionen, die nicht nur die USA erlassen haben, sondern auch andere ausländische Unternehmen, die mit dem Iran und den USA Handel treiben. Mit der politischen Annäherung beider Länder, der Überwindung der COVID-19-Pandemie und der Rezession erwarten wir künftig einen Anstieg des iranischen Handelsvolumens, der vor allem ab Mitte der 2020er-Jahre an Fahrt gewinnt. Über den gesamten Zeitraum 2020 bis 2040 rechnen wir mit einem jahresdurchschnittlichen Zuwachs der Exporte um 2,0 Prozent und der Importe um 3,2 Prozent. Die hohe Exportdynamik früherer Jahre wird nicht mehr erreicht. Mit dem weltweiten Ausbau erneuerbarer Energien wird Iran seine Exportgüter diversifizieren müssen.

Institutionelle Rahmenbedingungen

Als bevölkerungsreiches Land mit kaufkräftiger Mittelschicht, hohem Bildungsniveau und einer diversifizierten Industrie hat Iran großes ökonomisches Potenzial. Doch der Golfstaat ist für Investitionen ein riskanter Standort. Problematisch sind die Klientelpolitik, eine ausgeprägte innen- wie außenpolitische Unsicherheit und die volatile Währung. Der Rial ist in ein komplexes Wechselkursregime mit drei Parallelkursen eingebettet, das in den nächsten Jahren reformiert werden soll. Hinzu kommen die US-Sanktionen, auch wenn Deutschland zusammen mit anderen europäischen Partnern diese über die eigens gegründete Vermittlungsstelle Instex teilweise zu umgehen versucht.

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