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Frankreich

Wirtschaftspolitik

Bis zu den nahenden Präsidentschaftswahlen im Jahr 2022 hat der französische Präsident Emmanuel Macron nicht mehr viel Zeit, seine Wahlversprechen der Liberalisierung des Arbeitsmarktes und der Reform des Rentensystems umzusetzen. Derzeit fehlt ihm die nötige Mehrheit in der Nationalversammlung, weil sich einige Mitglieder seiner Partei einer neuen Fraktion angeschlossen haben. Macron setzt nun auf das Investitionspaket „France Relance“ zur Stärkung der langfristigen Wirtschaftsentwicklung, das sich mit insgesamt 100 Milliarden Euro auf die digitale und grüne Transformation der Wirtschaft, die Verbesserung der Arbeitnehmerkompetenzen sowie die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit konzentriert und das Wirtschaftswachstum – laut Regierungsangaben – bis 2030 um jährlich 1,5 Prozentpunkte steigern soll.

Demografie und Arbeitsmarkt

Der demografische Wandel setzt u. a. das französische Rentensystem verstärkt unter Druck. Bleiben Reformen aus, werden insbesondere die Privilegien einiger Berufsgruppen und ein niedriges Renteneintrittsalter das System überlasten. Die Gesamtbevölkerung wächst zwar bis 2040 weiter auf rund 67 Millionen Menschen, aber der Anteil der 15- bis 64-Jährigen nimmt kontinuierlich ab, während der der über 64-Jährigen rasant wächst (1,5 % p. a.). Für die Beschäftigungsperspektiven vieler Menschen ist das an sich eine gute Nachricht. Allerdings wird Frankreich Maßnahmen ergreifen müssen, um mehr Erwerbslose in Beschäftigung zu bringen. Denn trotz sinkender Tendenz liegt die Arbeitslosenquote – vor allem unter Jugendlichen – noch immer über dem europäischen Durchschnitt. Mit dem Investitionspaket „France Relance“ ist der erste Schritt in diese Richtung gemacht. Bis 2040 erwarten wir, dass die Erwerbslosenquote auf 3,8 Prozent sinkt.

Gesamtwirtschaftliche Entwicklung

Macrons Reformpolitik förderte zu Beginn die Konsumlaune und damit auch das Wirtschaftswachstum im Land. Zuletzt hat diese Entwicklung an Dynamik verloren, das Wachstum lag mit 1,5 Prozent (2019) jedoch immer noch über den deutschen Zuwachsraten. Die COVID-19-Pandemie legte die strukturellen Schwächen der französischen Volkswirtschaft offen. Aufgrund der Spezialisierung auf Tourismus und Luftfahrt war Frankreich von der COVID-19-Pandemie stärker betroffen als viele andere Länder in Europa. Frankreich wird es jedoch schaffen, diesen Wirtschaftseinbruch zu überwinden und bereits 2021 an die Wachstumsraten vor der Krise anknüpfen. Für den Zeitraum von 2020 bis 2040 prognostizieren wir eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 1,5 Prozent. Damit legt das französische BIP schneller zu als im europäischen Durchschnitt.

Konsum, Investitionen und Außenbeitrag

Wie für die meisten Industrienationen typisch, ist auch in Frankreich der private Konsum für den größten Wachstumsbeitrag verantwortlich. Der größte Wandel macht sich beim Außenbeitrag bemerkbar. Bis 2020 drückten negative Nettoexporte auf das Wirtschaftswachstum. Für die kommenden Dekaden liegt das Wachstum der Exporte hingegen wieder über dem der Importe. Darüber hinaus stützen die gesamtwirtschaftlichen Investitionen und der staatliche Konsum das künftige Wirtschaftswachstum.

Wirtschaftsstruktur

Die französische Wirtschaftsstruktur verändert sich langfristig nur geringfügig: Schwerpunkt bleibt der Dienstleistungssektor, der derzeit 80 Prozent der Bruttowertschöpfung erwirtschaftet. Der Industrieanteil nimmt zugunsten der Dienstleistungen weiter ab auf 17 Prozent bis zum Jahr 2040 und auch der geringe Anteil der Landwirtschaft sinkt bis dahin weiter auf 1,2 Prozent.

Branchenentwicklung

Dementsprechend zählen die Dienstleistungsbranchen zu den wertschöpfungsintensivsten Wirtschaftszweigen. Im Zuge des Digitalisierungstrends kann vor allem die IKT-Branche bis zum Jahr 2040 deutlich zulegen. Durch den demografischen Wandel zählt langfristig auch das Gesundheits- und Sozialwesen zu den wertschöpfungsintensivsten Branchen. Hier entstehen zudem mehr neue Jobs als in fast jeder anderen Branche. Der ohnehin schon große Staatssektor Frankreichs wächst damit weiter. Beschäftigungszuwächse sind auch in den meisten anderen Dienstleistungsbranchen zu erwarten, während die Erwerbstätigenzahlen in der tendenziell weniger personalintensiven und stärker vom Strukturwandel betroffenen Industrie in den nächsten 20 Jahren weiter sinken.

Staatsfinanzen

Zu Beginn seiner Amtszeit konnte Macron die EU-Defizitgrenze von 3 Prozent des BIP einhalten. Allerdings war die französische Staatsverschuldung schon zuvor hoch und bewegte sich in den letzten Jahren nahe der 100-Prozent-Marke. Frankreich müsste also das BIP eines gesamten Jahres aufwenden, um alle Staatsschulden zu begleichen. Durch die Hilfsprogramme während der COVID-19-Pandemie war die öffentliche Verschuldung weiter gestiegen und lag zuletzt bei 110 Prozent (2020). Aufgrund der Reformbedarfe und -ambitionen der Regierung rechnen wir langfristig mit einem moderaten Schuldenabbau und gemäßigten Haushaltsdefiziten.

Außenhandel

Im Zuge der Globalisierung hat der französische Außenhandel zugenommen. Importe und Exporte sind dabei immer relativ ausgeglichen gewesen. Zur Stärkung der französischen Unabhängigkeit von Importen will die Regierung ins Ausland ausgelagerte Produktionslinien und Forschungskapazitäten wieder vermehrt nach Frankreich zurückholen. Das stärkt, zusammen mit einem demografisch bedingt weniger dynamisch wachsenden Binnenmarkt, die Exporte. Die wichtigsten Exportgüter Frankreichs sind Produkte in den Kategorien Maschinen sowie Luft- und Raumfahrt. Zu den primären Importgütern zählen chemische Erzeugnisse und Maschinen. Deutschland und China führen die Liste der wichtigsten Handelspartner Frankreichs an. Auch langfristig kann Deutschland seinen Status als bedeutendster Handelspartner halten, wenngleich sein Anteil am französischen Außenhandel leicht sinkt – exportseitig von 11,8 Prozent (2020) auf 11,1 Prozent (2040) und importseitig von 14,3 Prozent (2020) auf 13 Prozent (2040).

Institutionelle Rahmenbedingungen

Frankreich zählt zu den fünf attraktivsten Wirtschaftsstandorten weltweit. Die institutionellen Rahmenbedingungen dort sind sehr gut, werden von relevanten Indizes jedoch trotzdem hinter denen Deutschlands eingeordnet. Grund für die schlechtere Platzierung Frankreichs sind Rigiditäten auf dem Arbeitsmarkt und eine geringe Reformbereitschaft.

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