Branchenbilder

Pharmazeutische Erzeugnisse

Die Branche heute

Die COVID-19-Pandemie und das damit verbundene „Wettrennen“ um die Entwicklung von Impfstoffen rückte die pharmazeutische Industrie im Jahr 2020 verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit. Wirtschaftlich zeigte sich die Branche zeitgleich als äußerst krisenresistent. Die Bruttowertschöpfung stieg 2020 um 1,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr, während die gesamtwirtschaftliche Bruttowertschöpfung um 5 Prozent zurückging. Bereits in den Jahren 2010 bis 2019 war die Pharmabranche dynamischer als die Gesamtwirtschaft gewachsen. Gleichzeitig gehört die Branche mit einer Bruttowertschöpfung von 26 Milliarden Euro (im Jahr 2019) zu den wirtschaftlich kleineren Branchen Deutschlands. Aufgrund einer hohen Kapitalintensität waren 2019 in der Pharmaindustrie mit 134.000 Erwerbstätigen verhältnismäßig wenige Personen beschäftigt. Wie die Bruttowertschöpfung hatte sich die Anzahl der Erwerbstätigen in den Jahren 2010 bis 2019 aber stetig erhöht. Ein Herausstellungsmerkmal der Branche ist ihre Forschungsintensität: Mit 14 Prozent des Umsatzes war diese 2019 in der Pharmaindustrie so hoch wie in keiner anderen Branche.

Die wichtigsten Auslandsmärkte

Der Anteil des Auslandsumsatzes am Gesamtumsatz der deutschen Pharmaindustrie stieg zwischen 2010 und 2019 um 4 Prozentpunkte auf 66 Prozent. Somit war das Exportgeschäft für die Pharmaindustrie im Vergleich zum gesamten verarbeitenden Gewerbe überdurchschnittlich wichtig. Das Exportgeschäft zeigte sich auch im vergangenen Jahr krisenresistent. Während der Export der meisten Güter im Jahr 2020 teils deutlich gegenüber dem Vorjahr zurückging, verzeichnete der Export pharmazeutischer Produkte ein leichtes Wachstum. Eine ähnliche Krisenresistenz hatte die Pharmaindustrie schon einmal, während der globalen Rezession 2008/09, gezeigt. Seinerzeit war die Pharmaindustrie die einzige deutsche Branche, die einen Anstieg der Exporte gegenüber dem Vorjahr verbuchte.

Die USA sind der weltweit größte Absatzmarkt für Pharmaprodukte und auch für solche Güter aus Deutschland der größte Abnehmer. 2019 gingen insgesamt 17 Prozent der exportierten Produkte in die USA, gefolgt von der Schweiz mit 9 Prozent. Auf die Länder der Europäischen Union entfielen in Summe 41 Prozent. Auf dem weltweit zweitgrößten Markt für Pharmaprodukte erwirtschaften die deutschen Pharmahersteller verhältnismäßig wenig: Lediglich 5 Prozent der deutschen pharmazeutischen Exporte entfielen auf China. Für die Zukunft wird erwartet, dass die Nachfrage nach Pharmaprodukten in den bevölkerungsreichen Schwellenländern wie China und Indien stärker wächst als in den traditionellen Märkten.

Die Wettbewerbssituation

Im europäischen Wettbewerb hat sich die deutsche Pharmaindustrie in den letzten Jahren von den stärksten Konkurrenten – dem Vereinigten Königreich und Frankreich – absetzen können. Insbesondere auf dem größten Markt, den USA, hat Deutschland Marktanteile gewinnen können. Dennoch wird der internationale Wettbewerb durch aufstrebende Schwellenländer stärker. Ein wichtiger internationaler Wettbewerbsfaktor ist die jeweilige nationale Regulierung der Branche. Zum einen bestehen in fast allen Ländern unterschiedliche Regelungen für den Zugang zu Patientendaten und die Zulassung von klinischen Versuchen. Zum anderen bestehen unterschiedliche Einfuhrbeschränkungen, weil Regierungen Pharmaprodukte oftmals als systemrelevant einstufen. So beschloss die russische Regierung 2009, dass je nach Produktgruppe perspektivisch zwischen mehr als 50 Prozent bzw. mehr als 90 Prozent der Produkte in Russland gefertigt werden müssen.

Die Wettbewerbslandschaft der Pharmabranche wird stark von Großkonzernen geprägt. Der durchschnittliche Unternehmensumsatz in der deutschen Pharmabranche liegt bei 100 Millionen Euro p. a. Das ist nach der Tabakbranche und dem Kraftwagenbau der dritthöchste Wert im verarbeitenden Gewerbe. Eine mögliche Veränderung der Wettbewerbssituation geht von Startups im Bereich FuE aus. Auf dem Gebiet der KI arbeiten Startups in einzelnen Abschnitten der Entwicklungspipelines großen Konzernen zu. Sollten die jungen Unternehmen in Zukunft Forschungsprojekte komplett selbst übernehmen, könnten sie im Forschungsbereich den großen Konzernen verstärkt Konkurrenz machen.

Die wichtigsten Zukunftstrends

In der forschungsintensiven Pharmabranche liegt die Zeitspanne zwischen Patentanmeldung und Marktstart bei durchschnittlich über zehn Jahren – wenn es denn überhaupt so weit kommt. In den nächsten Jahren werden Technologien wichtig, die diesen Prozess beschleunigen und vergünstigen können: Mit Methoden der KI können die Effektivität bestimmter Medikamente häufig schneller und günstiger evaluiert werden als durch menschliche Forscher*innen. Weiterhin erlauben bessere Big-Data-Algorithmen genauere Analysen von großen Datensätzen bei medizinischen Versuchen. Des Weiteren könnten in der Zukunft mit sogenannten „in silico trials“ – computerbasierte Simulationen – ethische und finanzielle Risiken von Medikamententests an Tieren und Menschen reduziert werden.

Im Bereich der Medikamente wird der Aspekt der Prävention von Krankheiten im Vergleich zu ihrer Behandlung wichtiger. Die COVID-19-Pandemie hat den Blick auf Pandemien und die Krankheitsprävention generell gerichtet. Ein weiterer Grund für diesen Trend sind die demografischen Veränderungen in den Industrieländern. Die Alterung der Gesellschaften und die Zunahme von altersbedingten Krankheiten stellen die jeweiligen Gesundheitssysteme vor große Herausforderungen. Daher nimmt in den nächsten Jahren die Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Krebs einen höheren Stellenwert in der Gesundheitsstrategie zahlreicher Länder ein.

Die Zukunft der Branche in Zahlen

Mit 1,4 Prozent p. a. wächst die Bruttowertschöpfung der Pharmaindustrie zwischen 2019 und 2040 weiterhin dynamisch. Neben der Branche DV-Geräte, Elektronik, Optik und Kraftwagenbau gehört sie damit voraussichtlich zu den drei am schnellsten wachsenden Branchen des verarbeitenden Gewerbes in diesem Zeitraum. Aufgrund einer steigenden Produktivität und einem sich verschärfenden Fachkräftemangel in Deutschland sinkt die Anzahl der Erwerbstätigen in dieser Branche in den Jahren 2019 bis 2040 um 0,2 Prozent p. a.

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