Branchenbilder

Finanz- und Versicherungs­dienstleistungen

Die Branche heute

Die Branche Finanz- und Versicherungsdienstleistungen umfasst Banken, Versicherungen und sowie Dienstleistungen, die mit Finanzen und Versicherungen verbunden sind. Trotz einer Erholung im Nachklang der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/09 entwickelte sich die Bruttowertschöpfung in den Jahren 2010 bis 2019 negativ. Der Rückgang betrug durchschnittlich 0,8 Prozent im Jahr und ist insbesondere auf einen Rückgang bei den mit Finanzen und Versicherungen verbundenen Dienstleistungen zurückzuführen. Die Dienstleistungen insgesamt wuchsen im selben Zeitraum mit 1,5 Prozent p. a. Die Anzahl der Erwerbstätigen ging mit 0,9 Prozent jährlich zurück. Die Erwerbstätigenzahlen in den Dienstleistungen im Allgemeinen stiegen allerdings um 1,2 Prozent p. a. Insbesondere die Schließung von über 10.000 Bankfilialen seit 2008 sowie die abnehmende Anzahl an Versicherungsbüros sind wichtige Gründe für diese Entwicklung.

Die Wettbewerbssituation

Laut dem Global Financial Centres Index (Stand: Frühjahr 2021) beherbergt Deutschland mit Frankfurt a. M. den wichtigsten Finanzstandort der Europäischen Union nach dem Brexit. Auch die deutsche Versicherungswirtschaft hat international ein hohes Gewicht – zwei der weltweit größten Rückversicherer haben ihren Hauptsitz in Deutschland. Der Wettbewerb der Finanz- und Versicherungsdienstleistungen ist durch hohe regulatorische Eintrittshürden gekennzeichnet. Im Banken- sowie im Versicherungssektor ist die Branchenkonzentration traditionell hoch und wird verstärkt durch die Abnahme der Anzahl der Kreditinstitute in Deutschland über die letzten Jahrzehnte. In den letzten Jahren stieg der Wettbewerbsdruck für klassische Einlagebanken durch die Etablierung von Direktbanken. Direktbanken bieten oft geringere Kontoführungskosten und einen einfacheren Zugang zu weiteren Finanzprodukten. Auch machen digitale Bankdienstleistungen Banken auf ihren ursprünglichen Tätigkeitsfeldern starke Konkurrenz: So haben Online-Bezahldienste wie PayPal und TransferWise im internationalen Zahlungsverkehr eine wichtige Stellung eingenommen und Crowdlending-Portale gewinnen Marktanteile im Kreditbereich. Ein weiterer Wettbewerbsfaktor ist die Niedrigzinsphase der letzten Jahre. Diese setzt Unternehmen unter Druck, weil viele Anlagestrategien weniger Rendite erwirtschaften als in den Jahren zuvor. Die Digitalisierung verstärkt den Wettbewerb in der ebenfalls hochkonzentrierten Versicherungsbranche. Ein Treiber war in den vergangenen Jahren die durch Vergleichsportale geschaffene Transparenz von Preisen und Produkten. Im Jahr 2017 erhielten die ersten beiden InsurTech-Startups – so werden digitalgetriebene Neugründungen im Bereich Versicherungen bezeichnet – eine BaFin-Lizenz. Die Anzahl der InsurTech-Startups, die (noch) keine eigenständige Lizenz haben, ist deutlich höher.

Der Markt der mit den Finanz- und Versicherungsdienstleistungen verbundenen Tätigkeit ist deutlich kleinteiliger als der der Versicherungen und Banken. Mit einem durchschnittlichen Jahresumsatz je Unternehmen von 1,1 Millionen Euro ist er zudem durch kleine und mittlere Unternehmen geprägt.

Die wichtigsten Zukunftstrends

Als datengetriebene Dienstleistungsbranche spielt die Digitalisierung eine besonders wichtige Rolle für die Finanz- und Versicherungsdienstleistungen. Dies ändert sich in Zukunft nicht. Die COVID-19-Pandemie hat die Nachfrage nach Onlinebanking-Angeboten erhöht. Die Digitalisierung bietet anhand von Big-Data-Analysen die Möglichkeit, Produkte individualisierter auf die Kund*innen zuzuschneiden. In Zukunft könnte es dabei zu einer stärkeren Zusammenarbeit mit Startups kommen, die digitale Produkte anbieten. So findet etwa in der Schweiz bereits das sogenannte Open Banking Anwendung. Dabei öffnen Banken ihre Schnittstellen zu Kunden- und Transaktionsdaten. An diesen Schnittstellen können dritte Parteien den Kund*innen neue Apps und Produkte zur Verfügung stellen. Zudem ermöglicht Open Banking eine Reihe neuer Open-Source-Anwendungen wie z. B. KI-gesteuerte Geldanlagepläne. Darüber hinaus wird der Blockchain-Technologie großes Potenzial beigemessen. Blockchain ermöglicht es, Daten mithilfe einer dezentralen, von vielen Teilnehmenden gemeinsam genutzten Datenbank (annähernd) fälschungssicher zu übermitteln und zu speichern. Das bekannteste Beispiel ist die Kryptowährung Bitcoin. Auch für den von der Europäischen Zentralbank geplanten digitalen Euro könnte Blockchain zur Anwendung kommen. Insgesamt könnte die Blockchain-Technologie Finanztransaktionen schneller und günstiger machen. U. a. rechtliche Unsicherheiten bremsen jedoch bisher die Entwicklung.

Neben der Digitalisierung gewinnen die Themen Klimawandel und Klimaschutz in den kommenden Jahren an Bedeutung. Klimawandelbedingte Risikofaktoren stellen sowohl Versicherungen als auch Banken vor erhebliche Herausforderungen. Eine Einschätzung von Klimarisiken wird künftig ein essenzieller Bestandteil von Investitionsentscheidungen sowie bei der Erarbeitung von Versicherungsangeboten. Rückversicherer sind im Zuge dieser Entwicklung zu Vorreitern in der Modellierung von Klimaschäden und deren Kosten geworden. Im Finanzsektor wächst die Relevanz des Themas „Green Finance“. Die Kritik an Banken, durch Kredite umweltschädliche Projekte mitzufinanzieren und zu ermöglichen, hat in den letzten Jahren die Nachfrage nach Anlageprodukten, die ökologische Aspekte mitberücksichtigen, deutlich erhöht. Die Emittierung der ersten „grünen“ Bundesanleihe im September 2020 zeigt die steigende Relevanz solcher Produkte.

Die Zukunft der Branche in Zahlen

In den Jahren 2019 bis 2040 steigt die Bruttowertschöpfung um 0,8 Prozent p. a. Die Trendwende gegenüber dem letzten Jahrzehnt erklärt sich durch einen starken Anstieg der Bruttowertschöpfung im Bereich der Finanzdienstleistungen. Hier war die Wachstumsdynamik aufgrund der Nachwirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/09 in den letzten Jahren sehr gering. Durch Produktivitätssteigerungen sinkt die Zahl der Erwerbstätigen im gleichen Zeitraum um durchschnittlich 0,2 Prozent p. a.

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