Länderfactsheets

Österreich

Wirtschaftspolitik

Als erstes Land in Europa wird Österreich seit Anfang 2020 von einer konservativ-grünen Regierung aus Österreichischer Volkspartei und Grünen geführt. Die Partner der Koalition unter der Leitung von Bundeskanzler Sebastian Kurz werden Kompromisse aushandeln müssen, denn gerade in der Migrations- und Klimapolitik vertreten sie sehr unterschiedliche Positionen. Wirtschaftspolitisch will die Koalition Ökologie und Ökonomie stärker verbinden. Geplant ist etwa eine CO₂-Bepreisung. Zu den fiskalpolitischen Herausforderungen zählen die hohe Verschuldung und hohe Staatsausgaben zur Finanzierung des Rentensystems.

Demografie und Arbeitsmarkt

In Österreich leben derzeit 9,0 Millionen Menschen. Bis zum Jahr 2030 steigt die Einwohnerzahl auf 9,2 Millionen Menschen und stagniert in der nachfolgenden Dekade. Dieses Bevölkerungswachstum resultiert, wie schon in den letzten Jahren, aus Wanderungsgewinnen und konzentriert sich überwiegend auf den Osten des Landes, vor allem auf die Hauptstadt Wien. Die Bevölkerung des Alpenstaats altert in den nächsten 20 Jahren spürbar. Ähnlich wie in Deutschland werden im Jahr 2040 auf eine über 64-jährige Person nur noch gut zwei Personen im erwerbsfähigen Alter kommen, was einem Altenquotienten von 47 Prozent entspricht. Auch Österreichs Erwerbspersonenpotenzial schrumpft. Diese Entwicklung kann der Arbeitsmarkt zahlenmäßig jedoch über eine steigende Erwerbsbeteiligung der über 55-Jährigen, längere Arbeitszeiten und sinkende Arbeitslosigkeit ausgleichen. Die Erwerbslosenquote fällt laut unserer Prognose von 5,7 Prozent (2020) auf 1,9 Prozent (2040).

Gesamtwirtschaftliche Entwicklung

Im Jahr 2020 stieg die Erwerbslosenquote krisenbedingt spürbar an (2019: 4,4 %). Österreich, dessen Volkswirtschaft stärker als die anderer Länder vom Tourismus abhängt, wurde von der COVID-19-Pandemie wirtschaftlich stärker getroffen als viele andere EU-Länder (2020: -5,9 %). Bis zum Jahr 2040 rechnen wir gleichwohl mit einem im EU-Vergleich durchschnittlichen Wachstum der Wirtschaftsleistung Österreichs um 1,8 Prozent p. a. Diese Wachstumsdynamik nimmt im Zeitverlauf aber stetig ab auf 0,9 Prozent im Jahr 2040. Das liegt vor allem an nachlassenden demografischen Impulsen für Arbeitsmarkt und Binnennachfrage.

Konsum, Investitionen und Außenbeitrag

Trotz jüngster konjunktureller Einbrüche und langfristig abnehmender Kraft bleibt der private Konsum mit einem Anteil von knapp 60 Prozent der wichtigste Wachstumstreiber. Österreich weist eine – auch im Vergleich zu Deutschland – hohe Investitionstätigkeit auf, die das Wirtschaftswachstum ebenfalls fördert. Allerdings wird der Anstieg der Bauinvestitionen in den 2030er-Jahren wegen der nahezu stagnierenden Einwohnerzahl deutlich geringer ausfallen als in den 2020er-Jahren. Im Zuge der leicht abflauenden Globalisierungsdynamik schwächt sich zudem die Dynamik bei der privatwirtschaftlichen Investitionstätigkeit über den Prognosezeitraum ab. Als kleine, offene Volkswirtschaft hängt die Wirtschaftsentwicklung Österreichs auch vom Außenhandel ab. 8 Prozent des Wirtschaftswachstums bis zum Jahr 2040 entfallen laut unseren Berechnungen auf den Außenbeitrag. In den letzten zwei Dekaden lag dieser Wert doppelt so hoch.

Wirtschaftsstruktur

Österreich verfügt über eine diversifizierte Wirtschaftsstruktur mit starker Industriebasis und einer langen Tradition als Agrarstandort. 29 Prozent der Bruttowertschöpfung werden im produzierenden Gewerbe einschließlich des Baugewerbes erzielt, 70 Prozent entfallen auf den Dienstleistungssektor. Die Landwirtschaft trägt, wie in vielen Industrienationen, lediglich gut 1 Prozent bei. Bis 2040 sind nur geringfügige Veränderungen in der Wirtschaftsstruktur Österreichs hin zu einer weiteren Stärkung des Dienstleistungssektors zu erwarten.

Branchenentwicklung

Auf der Branchenebene wird ein struktureller Wandel deutlich. So erwarten wir bei DV-Geräten, Elektronik, Optik, der IKT und den unternehmensnahen Dienstleistungen bis 2040 die stärksten Zuwächse der Bruttowertschöpfung um 2 Prozent p. a. Letztere werden künftig vermehrt nachgefragt, weil die Komplexität von Wertschöpfungsketten und in der Produktion steigt. In den technologieintensiven Industriebranchen der Pharmazie und des Maschinenbaus rechnen wir über den Prognosezeitraum ebenfalls mit leicht überdurchschnittlichen Zuwachsraten in Höhe von 1,6 Prozent p. a. Bergbau, Textilindustrie und die Mineralölverarbeitung schrumpfen hingegen leicht. Den Strukturwandel begleitet Österreich u. a. mit hohen Ausgaben in FuE. Über 3 Prozent der Wirtschaftsleistung, und damit – abgesehen von Schweden – mehr als jedes andere EU-Land, investierte Österreich zuletzt in diesen Bereich. Seine starke Position als Tourismusdestination kann das Land – nach Überwindung der Pandemie – auch langfristig halten.

Staatsfinanzen

COVID-19 hat dem erfolgreichen Schuldenabbau der letzten Jahre ein Ende gesetzt. Während der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/09 waren die österreichischen Staatsfinanzen erheblich in Schieflage geraten. Pandemiebedingte Staatsausgaben für Kurzarbeit, Fixkostenzuschuss und Arbeitslosengeld gepaart mit steuerlichen Mindereinnahmen belasteten Österreichs Staatshaushalt im Jahr 2020 erneut und erhöhten die Schuldenstandsquote von 71 Prozent (2019) auf 74 Prozent (2020). Parallel zur Finanzierung der konjunkturstützenden Maßnahmen steht Österreichs Fiskalpolitik vor der Herausforderung, die gesetzliche Rentenversicherung „demografiefest“ zu machen und die im OECD-Vergleich hohe Steuer- und Abgabenbelastung nicht weiter zu erhöhen. Wir gehen davon aus, dass die Regierung zügig nachhaltige Haushaltskonsolidierungen einleitet. Damit kann Österreich das Maastricht-Kriterium einer Staatsverschuldung von höchstens 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts unseren Analysen zufolge ab Mitte der 2020er-Jahre einhalten.

Außenhandel

Österreich exportiert mehr Güter und Dienstleistungen, als es importiert, was u. a. auf exportstarke Industriebranchen wie den Maschinenbau und hohe Einnahmen aus dem Tourismus zurückzuführen ist. Langfristig kann Österreich die Nettoexporte leicht erhöhen. Hauptabnehmer bleibt Deutschland, wenngleich mit etwas geringerem Gewicht. Knapp ein Viertel aller österreichischen Exporte gehen nach Deutschland. Mit großem Abstand folgen Ungarn, China und die USA als wichtige Absatzmärkte. Importseitig setzt Österreich auf regionale Partner: Zwei Drittel aller Güterimporte bezieht Österreich aus den übrigen EU-Ländern. Bis zum Jahr 2040 baut Österreich vor allem exportseitig seine Handelsbeziehungen zu Schwellenländern wie Indien, China oder Mexiko aus, die künftig mehr Konsum- und Investitionsgüter aus Österreich nachfragen. Allerdings fällt der Bedeutungszuwachs dieser Handelspartner geringer aus als in den letzten 20 Jahren.

Institutionelle Rahmenbedingungen

Unternehmen und Investoren schätzen die hohe politische und wirtschaftliche Stabilität sowie den erleichterten Zugang zu den Märkten Osteuropas. Österreich verfügt über eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur, die digitale Infrastruktur ist ausbaufähig. Im Corruption Perceptions Index liegt Österreich nur wenige Plätze hinter Deutschland.

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