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Japan

Wirtschaftspolitik

Seit der langjährige Ministerpräsident Shinzo Abe im September 2020 aus gesundheitlichen Gründen von seinem Amt zurücktrat, wird Japan von dem vormaligen Kabinettssekretär Yoshihide Suga geführt. Er will den wirtschaftspolitischen Kurs seines Vorgängers fortsetzen, der darauf abzielt, das über viele Jahre schwache Wachstum der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt durch eine lockere Geldpolitik, schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme und moderate Strukturreformen anzukurbeln. Gleichwohl sind die Ergebnisse dieser als „Abenomics“ bekannten Wirtschaftspolitik deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Dauerhafte Probleme wie die demografisch bedingte Konsum- und Investitionsschwäche bleiben bestehen.

Demografie und Arbeitsmarkt

In keinem Land der Welt schrumpft und altert die Bevölkerung so stark wie in Japan. Eine niedrige Geburtenrate, die hohe Lebenserwartung und eine geringe Zuwanderung treiben den demografischen Wandel seit Jahren an. Bis 2040 geht Japans Einwohnerzahl um 13 Millionen Menschen auf 113 Millionen zurück. Bereits 2020 lag Japans Altenquotient bei 48 Prozent. Deutschland erreicht diesen Wert voraussichtlich um das Jahr 2040. Zu diesem Zeitpunkt wird der japanische Altenquotient bereits bei 66 Prozent liegen. In der Folge verschärft sich der Mangel an Arbeitskräften, unter dem einige Branchen schon heute leiden. Mit einer Erwerbslosenquote von 3 Prozent (2020) ist die Auslastung des Arbeitsmarktes aktuell bereits hoch. Weil der Druck auf den Arbeitsmarkt zunimmt, rechnen wir mit einer weiter rückläufigen Zahl an Erwerbslosen und längeren Arbeitszeiten. Der demografische Wandel dämpft nicht nur Japans Arbeitsangebot, sondern in der Folge langfristig auch die Arbeitsnachfrage und die Wirtschaftsentwicklung.

Gesamtwirtschaftliche Entwicklung

Das Problem der massiven Alterung der Gesellschaft hat zusammen mit einer Konsumflaute und einem vorübergehend schwächelnden Außenhandel bereits in den zwei Jahren vor Ausbruch der COVID-19-Pandemie dazu geführt, dass die japanische Volkswirtschaft kaum noch wächst. Auch künftig fallen die Wachstumsaussichten mit einer Zuwachsrate des BIP von 0,8 Prozent p. a. bis zum Jahr 2040 moderat aus und bleiben merklich hinter denen anderer Industrienationen zurück. Ab Ende der 2030er-Jahre rechnen wir mit einem weitgehend stagnierenden BIP. Zwar steigt die Produktivität der japanischen Volkswirtschaft bis 2040 um durchschnittlich 0,9 Prozent p. a. weiter an – die japanische Wirtschaft und Gesellschaft gelten als ausgesprochen technologieoffen und japanische Robotikunternehmen sind globale Technologieführer. Gleichzeitig dämpft jedoch der Rückgang bei der verfügbaren Arbeitskraft das japanische Wachstumspotenzial deutlich.

Konsum, Investitionen und Außenbeitrag

Verwendungsseitig ist der private Konsum mit einem Wachstumsbeitrag von 54 Prozent bis zum Jahr 2040 der wichtigste Treiber des Wirtschaftswachstums. Von zentraler Bedeutung bleibt auch der Außenhandel: In den letzten 30 Jahren hat Japan so stark von der Globalisierung profitiert wie kein anderes Land. Aufgrund der binnenwirtschaftlich begrenzten Wachstumsimpulse hängt Japans künftige Wirtschaftsentwicklung stärker als in anderen Nationen vom Außenbeitrag ab. Bis 2040 tragen die Nettoexporte zu rund einem Fünftel zum gesamtwirtschaftlichen Wachstum bei. Vor dem Hintergrund der bereits vor der COVID-19-Pandemie auf den Weg gebrachten umfangreichen Konjunktur- und Investitionsprogramme werden Investitionen ebenfalls einen nennenswerten Wachstumsbeitrag leisten. Vom Staatskonsum kommen hingegen – anders als in den vergangenen beiden Jahrzehnten – keine Wachstumsimpulse.

Wirtschaftsstruktur

Nach einem rasanten Aufholprozess in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist die japanische Wirtschaftsstruktur typisch für die eines etablierten Industrielands mit einem klaren Schwerpunkt auf Dienstleistungen (2020: 68 %), einem starken produzierenden Gewerbe (inkl. Bau: 31 %) und einer gesamtwirtschaftlich unbedeutenden Landwirtschaft (1 %). Bis 2040 erwarten wir einen leichten Bedeutungsgewinn des tertiären zulasten der beiden übrigen Sektoren.

Branchenentwicklung

Während arbeitsintensive Industrien in der Regel im Ausland produzieren, konzentriert sich Japans Industriesektor auf die Entwicklung und Herstellung technologieintensiver Produkte. Vor dem Hintergrund neuer technologischer Möglichkeiten und des sinkenden Erwerbspersonenpotenzials dürften Digitalisierung und Automatisierung künftig noch stärker voranschreiten. Die größte Wachstumsdynamik erwarten wir in den Wirtschaftszweigen IKT, unternehmensnahe Dienstleistungen sowie DV-Geräte, Elektronik, Optik. Nachgefragt werden deren Produkte nicht nur im Ausland, sondern auch im Inland: Japans Vision einer komplett vernetzten Gesellschaft („Society 5.0“) soll nicht nur die digitale Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft begleiten, sondern auch vermehrt Waren und Dienstleistungen bereitstellen, die speziell auf eine alternde Bevölkerung zugeschnitten sind. Die Zahl der Erwerbstätigen geht bis 2040 in sämtlichen Branchen zurück. Lediglich bei den unternehmensnahen Dienstleistungen stagniert sie.

Staatsfinanzen

Japans expansive Finanzpolitik der letzten 15 Jahre hat die öffentliche Verschuldung in die Höhe getrieben. Mit 252 Prozent war 2020 die Schuldenstandsquote in Japan so hoch wie in keinem anderen Land. Nichtsdestotrotz ist die Verschuldung tragbarer als in vielen anderen Volkswirtschaften, weil Japan überwiegend im Inland verschuldet ist. Eine finanzpolitische Kehrtwende erwarten wir unter dem neuen Regierungschef Suga nicht, die schwache Wirtschaftsentwicklung bis zum Jahr 2040 erschwert den Schuldenabbau zusätzlich. Gleichwohl rechnen wir angesichts der hohen Staatsverschuldung mit Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung, die die Schuldenstandsquote bis zum Jahr 2040 auf rund 214 Prozent drücken. Zur Entlastung des Staatshaushalts wurde bereits 2019 die Mehrwertsteuer erhöht.

Außenhandel

Die japanische Volkswirtschaft ist exportorientiert und hat ähnlich wie Deutschland aufgrund der abflauenden Globalisierungsdynamik zuletzt an Dynamik eingebüßt. Das schwache Wachstum der inländischen Nachfrage führt künftig dazu, dass Japan seine Produktionskapazitäten verstärkt zur Deckung der Nachfrage aus dem Ausland nutzt. Mit Überwindung der COVID-19-Pandemie erwarten wir, dass Japans Exporte und Importe wieder anziehen und jahresdurchschnittliche Zuwachsraten von 2,2 bzw. 1,5 Prozent bis zum Jahr 2040 aufweisen. Japans wichtigste Handelspartner sind China und die USA, auf die im Jahr 2020 zusammen rund 45 Prozent der japanischen Exporte und 35 Prozent der Importe entfielen. Deutschland, dessen Handelsbeziehungen zu Japan durch das im Jahr 2019 in Kraft getretene Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und der ostasiatischen Volkswirtschaft erleichtert worden sind, belegt Rang fünf der wichtigsten Lieferländer und Rang sechs der wichtigsten Absatzmärkte Japans. In den kommenden 20 Jahren erwarten wir keine nennenswerten Veränderungen der Handelspartnerstruktur.

Institutionelle Rahmenbedingungen

Japan ist grundsätzlich ein attraktiver Markt für Investoren. In Rankings zum Geschäftsklima liegt das Land meist wenige Plätze hinter Deutschland. Japan gilt als leistungsfähiger Forschungsstandort, verfügt über eine sehr gut ausgebaute Infrastruktur und anspruchsvolle, kaufkräftige Konsument*innen. Der Marktzugang ist jedoch aufgrund eines komplexen Distributionssystems und dem intensiven lokalen Wettbewerb erschwert.

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